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Nr. 11. HEIDELBERGER «69.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Reise 'der österreichischen Fregatte Novara nm die Erde in den Jahren
1857, 1858; 1859 unter den Befehlen des Commodore B, von
Wäller störf-Urö air. Anthropologischer Theil. Dritte Abtheilung:
Ethnographie auf Grund des von Dr. Karl v. Scherz er
gesammelten Materials bearbeitet von Prof. Dr. Friedrich
Müller. Mit 10 photographirten Tafeln und einer Karte. 4.
(XXX; 224 8.). Wien 1868.
Wir haben in diesen Blättern (1867. Nr. 18. S. 273—-283)
den linguistischen Theil der Novara-Expedition, der unter der kun-
digen Hand Friedrich Müllers eine so reichliche Ausbeute lieferte,
ausführlich zur Anzeige gebracht. Nach einer Frist von kaum
anderthalb Jahren liegt uns., abermals ein im Anschluss an das
von der Novara heimgebrachte Material von demselben Verfasser
ausgearbeiteter reichhaltiger Band -vor: der ethnographische
Theil. Während im linguistischen Theile nur die Sprachen be-
handelt waren, die an den von der Novara berührten Punkten herr-
schen oder mit diesen Idiomen in näherer oder fernerer Berührung
stehen und dann allenfalls der ganze einschlagende Sprachstamm
übersichtlich vorgeführt wurde, hat der Verfasser im vorliegenden
Werke sich nicht auf die einzelnen von der Expedition besuchten
Völker beschränkt, sondern wir haben in der Arbeit eine vollstän-
dige systematische Ethnographie des ganzen Erdballes zu begrüs-
sen: ein Werk, wie wir es in solcher Ausdehnung, in dieser üeber-
sichtlichkeit und in dieser gewandten anziehenden Darstellung noch
nicht besitzen.
Bekanntlich begegnen wir innerhalb der Ethnographie bisher
zweien nicht immer mit einander im Einklänge stehenden Rich-
tungen, einer naturwissenschaftlichen und einer linguistischen. Wenn
jede für sich ohne Rücksicht auf die andere ein System aufzu-
stellen sucht, so kann es nur sehr einseitig ausfallen: sie müssen
sich beide gegenseitig ergänzen. Die Anthropologie betrachtet den
Menschen an und für sich, herausgerissen aus dem Zusammenhänge
mit einer cultivirten Gesellschaft, als Naturproduct, daher sowohl
nach seinen sinnlichen Merkmalen als auch nach den vorhandenen,
durch Cultur nicht weiter entwickelten geistigen Anlagen, und legt
ihrer Eintheilung der Menschheit bald diese, bald jene hervorste-
chenden sinnlichen Merkmale zu Grunde, wie z. B. Linnee, Blumen-
bach, Dumeril, Cuvier, Virey, Lesson, Pickering das meiste Ge-
wicht auf die Hautfarbe und das Haar, Retzius und Weicker auf
die Schädelbildung legen. Darnach lassen sich allerdings verschie-
LXIL Jahrg. 3. Heft. H
 
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