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Schriften über d. Todesstrafe v. Mehring, Bonnet u. Poletti. 377

wesen , sich mit ihnen gar nicht zu befassen, sondern sie ihrem
unvermeidlichen Schicksal zu überlassen. Auch der wackere Hilgard
ist offenbar ein unheilbarer Feuerbachianer.
Der Verf. prüft die Frage zuerst vom politischen, dann vom
rechtlichen, zuletzt vom christlichen Standpunkt, auf deren einen
sich die Vertheidiger der Todesstrafe ausschliessend oder überwie-
gend zu stellen pflegen. Dass diese unbedingt, oder doch bedingt
(für bestimmte Zeiten und Orte), unentbehrlich sei zur Erreichung
des Staatszwecks behaupten mitunter, bemerkt er, auch Solche,
denen ihre Rechtmässigkeit bedenklich erscheint. Sie fassen die-
selbe dann eigentlich nur als ein, angeblich von der Noth ge-
botenes Opfer, wohl gar als ein Mittel der Nothwebr auf. Freilich
müssten sie den Beweis schuldig bleiben, dass die unstreitig noth-
wendige Hemmung und Aufhebung der dem Rechtsbestand gefähr-
lichen Thätigkeit des Einzelen sogar die Forderung rechtfertige,
dass man Demselben überhaupt jede Thätigkeit, gleichviel aus
welchen Motiven, für immer unmöglich mache, indem man ihm
das Leben nimmt — Was offenbar weit über das Ziel hinaus-
schiesse und eine Rechtsverletzung durch eine andere aufhebe (eine
Uebertreibung, in die auch (,'. F. Gabba, >11 pro ed il contro della
pena di morte« gefallen ist). Ernstliche Gefährdung der Gesammt-
heit durch einen Einzelen würde bei dieser eine klägliche Ohn-
macht und einen Bankrott alles Rechtsbewusstseins voraussetzen.
Lasse man vollends das Gutdünken der Staatsregierung über das
Mass der Gefahr und der nothwendigen Sicherungsmittel entschei-
den, so fehle jede Gränze und man könne zu den altenglischen
240 todeswürdigen Verbrechen noch, als die staatsgefährlichsten,
gewisse Zeitungsartikel hinzufügen; nur dass erfahrungsmässig frei-
lich so grausame Schreckmittel um so weniger nützen je häufiger
sie werden. Sogar im Gewaltzustand des Kriegs, so hinkend auch
dessen Vergleich mit den Hinrichtungen sei, opfere man doch nicht
alles Recht auf und schone wenigstens das Leben Wehrloser! Noch
sei das Volk nicht reif für die Abschaffung der Todesstrafe, sagten
die Einen, es werde nie reif, die Andern, so wenig wie die Neger
zur Freiheit — nach der Behauptung der Sklavenhalter! Fördern
Bluturtheile etwa die Reife und Feinfühligkeit oder die Rohheit?
Wer einräume (wie Bayerle, Verf. des Gutachtens über die Todes-
strafe), dass Ab- oder Zunahme der Verbrechen allein weder für
noch wider die Abschaffung zeuge, hätte folgerecht auch nicht von
der Zunahme seit 1849 einen Grund für die Wiedereinführung her-
nehmen, also nicht in das Geschrei der Menge einstimmen dürfen,
die nicht weiss, dass Hinrichtungen dagegen nicht sichern können,
weil sie erfahrungsmässig nicht abschrecken.
Mit Grund hält Mehring es für das Allerwichtigste, zu zeigen,
dass die Todesstiafe mit dem Begriff und Grundsatz des Rechts
unvereinbar sei, ebenso wie mit dem Staatszweck, welch Letzteres
sich freilich von selbst versteht, sobald man eingesehen hat, dass
 
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