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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

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Zangemeister, Karl: Der obergermanisch-rätische Limes: Vortrag, gehalten zu Gunsten des Badischen Frauenvereins zu Heidelberg am 15. Januar 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0079
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Karl Zangemeister, Der obergermauisch-rätisclie Limes

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Es bestellt diese Linie aus einer mit Türmen besetzten Mauer, die seit
Jahrhunderten vom Volke „der Pfahl“ oder (auf kleineren Strecken) auch
„die Teufelsmauer“ genannt wird.

Längs der Mauer stand ohne Zweifel eine ununterbrochene Reihe
von Kastellen, von denen aber erst wenige entdeckt sind. Sie sind regel-
mässig an solchen Stellen zu finden, die einen Durchgang vom Auslande
boten, dessen Sperrung erforderlich war, wie ein Wasserlauf oder ein
Pass. Mit den Garnisonen am rechten Donauufer waren diese Kastelle
durch ein ausgedehntes Strassennetz verbunden. Auch in diesem Hinter-
lande, zwischen Mauer und Donau, haben sich mehrere Kastelle gefunden,
ohne dass es aber bis jetzt gelungen wäre, den Plan für ihre Anlage
und einen Zusammenhang für alle diese Militärstationen festzustellen.
Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.

Für die Provinz Obergermanien ist eine äussere und eine innere
Sperrlinie nachgewiesen.

Die äussere ist nicht, wie in Rätien, durch eine Mauer abgeschlossen,
sondern durch einen Erdwall mit davorliegendem Graben. Dieser
Wall2) läuft von Lorch 372 Kilometer weit bis an den Rhein bei Rhein-
brohl.

Während die Richtung der rätischen Mauer im Allgemeinen dem
Laufe der Donau entspricht, folgt der obergermanische Wall dem des
Rheins. Demgemäss schliesst er sich fast rechtwinklig an die rätische
Grenzschranke an bei Lorch. Fünf Kilometer nördlich von diesem Orte,
bei Pfablbronn, biegt er nach Westen um und erreicht nach zwei Kilo-
metern den Haaghof, um dann in schnurgerader Linie etwa 80 Kilometer
weit bis vor Walldürn ohne Rücksicht auf das Terrain über Berg und
Thal zu laufen. Wenn man sieht, wie diese Linie in dem schwierigen
und ehemals gewiss dicht bewaldeten Terrain in so genau gerader Rich-
tung geführt ist, so wird man von Bewunderung der römischen Ingenieure
ergriffen. Die Frage, Avie diese eine solche Arbeit ohne Bussole haben
ausführen können, ist noch zu beantworten3).

An dieser Strecke lagen in ziemlich gleichen Abständen sechs grosse
Kastelle, aus denen sich die Orte Welzheim, Murrhardt, Mainhardt,
Oehringen und Jagsthausen, soAvie weiterhin Walldürn entwickelt haben.

Bei der letztgenannten Stadt bildet der Wall einen nach Osten vor-
springenden Winkel, in dem das Kastell „Alteburg“ lag, und erreicht
dann in einigen Kurven bei Miltenberg den Main. Von hier aus bis
Grosskrotzenburg bildete dieser Fluss selbst die Sperrgrenze, 46 Kilo-
meter Aveit.
 
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