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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

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Du Moulin Eckart, Richard: Zweibrücken und Versailles
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https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0240
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Richard Du Moulin Eckart

wenn die individuelle Kraft der einzelnen Glieder durch eine fest fundierte
politische Tradition des Hauses seine bestimmten Bahnen vorgezeichnet
erhält, wie es vor Allem beim Hause Brandenburg der Fall ist. Hier fiel
freilich Beides, Kraft der Persönlichkeit und starke Tradition viel häufiger
zusammen als sonst. Anders ist es bei dem Hause Wittelsbach. Auch hier
hat es nie an bedeutenden Köpfen gefehlt. Aber jeder Fürst von Bedeu-
tung hatte nicht nur neue Ideen, sondern fing auch eine neue Hauspolitik
an: er nahm seine Lieblingsgedanken sozusagen zum Ausgangspunkt
neuer Tradition. Sie gingen vom Weitern ins Engere, statt umgekehrt.
Es fehlte gewissermassen der monarchische Geist, die kluge Erkenntnis
der Kräfte, die richtige Schätzung der vorhandenen Mittel. Hohe Ab-
sichten, kühne Entwürfe, die nur mit fremder Hülfe erreicht werden
konnten! So waren sie wie kein anderes Haus der Spielball der euro-
päischen Politik und noch mehr das Opfer ihrer eigenen. Nie fehlte es
an Licht, meist aber an Klarheit. Und so starb ein Zweig nach dem
anderen aus. „Die Vereinigung der pfälzischen Lande“, sagt daher
Lebon nicht ganz unrichtig, „vollzog sich lediglich durch das Spiel des
Todes“1). Doch sollte sich das gerade bei dem letzten Zweige ändern.
Freilich erfüllte sich die Zeit: aber das Haus hatte doch eine Epoche,
reich an politischen Sorgen und Kämpfen, zu bestehen: neben glück-
lichen Konstellationen, neben getreuer Freundeshiilfe, die ihm zuteil
ward, fehlte es keineswegs an glücklichen politischen Schachzügen, an
kluger Thatkraft. Es erwarb in der That das von den Vätern Ererbte,
um es zu besitzen.

So gewinnt das Geschlecht an Interesse, besonders von dem Augen-
blicke an, wo es die Kegierung des vielumstrittenen Herzogtums Zwei-
brücken übernahm. Es war die erste Etappe, auf der es zwei Menschen-
alter lang stehen blieb. Den Inhalt dieser Zeit aber bilden vor allem
die Beziehungen zu Frankreich, das nach und nach mit der Zukunft des
Hauses zu rechnen begann, mit den einzelnen Gliedern aber Verbindungen
pflog, deren Kenntnis, an sich von Interesse, für das Verständnis des
Emporkommens der Birkenfelder notwendig ist.

Das Haus Birkenfeld-Bischweiler stammte von dem jüngsten Sohne
des Herzogs Wolfgang von Zweibrücken, Karl, dem der Vater in seinem
Testamente das Letzte zugewiesen, was er noch zu vergeben hatte. Es war
nur wenig: ein kleines Gebiet auf dem Hunnsrück, in der waldreichen
Gegend zwischen Nahe und Mosel, dessen Hauptort Birkenfeld er sich

2) Lebon, Recueil des instructions etc., T. VII., p. IX.
 
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