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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 7.1897

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Du Moulin Eckart, Richard: Treitschke und das Elsass: Vortrag, gehalten zu Heidelberg am 2. Februar 1897
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https://doi.org/10.11588/diglit.29033#0031
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Treitsclike und das Eisass.

Yortrag, gehalten zu Heidelberg am 2. Februar 1897

von

Richard Graf Du Moulin Eckart.

Heinrich von Treitschke ist nicht mehr. Schon geht das Jahr zu
Ende, das den nimmermüden Mann dahinnahm: aber noch ist es, als ob
er unter den Lebenden weilte, noch wirkt der mächtige Eindruck seiner
Persönlichkeit nach und nur der Torso seines unvergleichlichen Werkes
sagt uns, dass er schied, dass seine Meisterhand es nicht vollenden durfte.
Aber er war grösser noch als sein Werk. Das fühlen wir jetzt weit
mehr denn früher, trotzdem der gewaltige Klang seiner Stimme nur noch
in der Erinnerung nachtönt und das hoheitsvolle und doch so liebens-
würdige Wesen uns nicht mehr gefangen nimmt. Die Lauterkeit dieses
einzigen Charakters tritt uns jetzt ganz vor Augen, die Fülle dieses Geistes
und dieser Feuerseele wird uns jetzt völlig klar. Und so ist denn auch
verstummt der Tadel der kleinen und kleinsten Geister: die mächtige
Grösse des Toten, die tiefe Wahrhaftigkeit seines Schaffens, dem jeder
Schein fremd war wie die Lüge, machte ihn schweigen. Doch ich will
keine Trauerrede halten auf den Geschiedenen, wenn auch sein Karne
noch immer Wehmut weckt. Aber sie mag verstummen! Denn mag der
Schmerz uns künden, was er uns war, so sagt die Freude, was er uns
ist. Und fürwahr mächtig muss die Freude sein, dass wir ihn besessen
haben. Denn er war unser in des Wortes ganzer Bedeutung. Was uns
in Gegenwart und Vergangenheit begeistert, was uns in Kunst und Leben
bewegt und erhebt, was die Geister in Politik und Wissenschaft be-
schäftigt und erregt, was uns in Allem als Ziel aus weiter Ferne winkt,
das erfüllte auch ihn, dahin wies er, unseres Volkes getreuer Pilot.

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NEUE HEIDELB. JAHRBUECHER VII.
 
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