Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 7.1897

DOI Artikel:
Du Moulin Eckart, Richard: Treitschke und das Elsass: Vortrag, gehalten zu Heidelberg am 2. Februar 1897
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29033#0056
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42

Richard Graf Du Moulin Eckart: Treitschbe und das Eisass

neue Ordnung der Dinge im Keiclisland eine unwiderrufliche definitive
ist. „Das suscipere haben wir gewagt im Jahre 1871; jetzt heisst es
in ehrlicher, ausdauernder Arbeit: tinire!“ Es war eine der letzten Reden
Treitschke’s im deutschen Reichstag. Nur einmal noch (am 9. Mai 1884)
ergriff er für die Verlängerung des Sozialistengesetzes das Wort zu
längerer Rede. Dann zog er sich mehr und mehr aus dem parlamen-
tarischen Leben zurück. Im Jahre 1889 schied er endgültig aus dem
Reichstag aus. Seine politische Rolle, als ritterlicher „Hutten“ dem
eisernen Kanzler kämpfend zur Seite zu stehen, war ja auch ausgespielt.
In dem entbrennenden Kampfe der Interessenpolitik war kein Platz mehr
für ihn. Und seiner harrte eine Aufgabe, die kein anderer lösen konnte,
und die nun dennoch unvollendet blieb, seine „Deutsche Geschichte “, wo
er noch so manches schöne Wort über sein Eisass einstreute. Es lag
nicht in der grossen Anlage dieses herrlichen, unvergleichlichen Werkes,
dem Eisass einen breiteren Raum einzuweisen, als ihm zukam. Aber das
peinliche Gefühl, das schöne Land in fremden Händen zu wissen, trübte
nicht mehr seine Seele. So zog denn noch einmal die Geschichte des
Eisass an seinem Geiste vorüber: er schrieb im Gefühle des Glückes und
des Stolzes. Nur jener Epoche des Pariser Friedens und des Wiener
Kongresses merkt man nicht an, dass sie im Vollgefühle des Sieges ge-
schrieben ist. Die Enttäuschung des um seine stolzesten Triumphe, um
seinen Siegeslohn gebrachten Preussenvolkes, hatte sich ihm zu tief ein-
geflösst. Er hatte sich zu sehr eingelebt in die Empfindungen jener Tage,
aus denen sich seine stolze, kühne, unbeugbare politische Überzeugung
herausgebildet, wie an den Freiheitskriegen sein heiliger Patriotismus
sich entflammt hatte. Das Eisass war nun seine Sorge nicht mehr. Er
sah doch, trotz all der zahllosen Fehlgriffe der deutschen Verwaltung in
der ersten Zeit nach der Okkupation bis zur Statthalterschaft Hohenlohe’s,
einen Fortschritt. Noch in seiner schönen, herrlichen Rede „zum Ge-
dächtnis des grossen Krieges“ vom 19. Juli 1895 sprach er die warmen
Worte: „Unterdessen verwächst unsere Westmark langsam aber unauf-
haltsam mit dem alten Vaterlande, und die Zeit wird kommen, da die
deutsche Bildung, die ihre Stätten so oft verändert hat, in ihren ältesten
Heimatlanden wieder die volle Herrschaft erlangt“. Es war sein Ab-
schiedswort an das Eisass! Uns aber soll es eine Prophezeihung sein,
die uns heilig ist wie des grossen Toten Gedächtnis.
 
Annotationen