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Scholien, die in beiden Ausgaben den Text begleiten, scheint
nicht stattgefunden zu haben. Wo sich Berührungen mit diesen
ergeben, gehen sie auf die Vermittlung des Camerarius zurück.
Aus gemeinsamer Benutzung dieses Kommentars scheinen
endlich auch die Anklänge an die lateinische Uebersetzung des
Winsemius sich zu erklären. Heuwes hat daraus auf einen un-
mittelbaren Anteil dieser Uebersetzung schließen wollen. Indes
die Liste von Berührungen, die er zu diesem Beweis bringt,
schmilzt bei näherer Prüfung auf nur etwa ein Dutzend wirklich
stichhaltiger Stücke zusammen, von denen der größere Teil sich
schon bei Camerarius findet. Der Rest genügt bei einer Ueber-
setzung von 1320 Versen nicht, diesen Nachweis zwingend izu
machen, um so mehr da er aufgewogen wird durch eine größere
Zahl von Fällen, wo Opitz von Winsemius abweichend richtiger,
und durch eine überwältigende Zahl von Fällen, wo er genauer
übersetzt hat. Das gilt vor allem von den Chören, die Winsemius
sehr knapp und wortkarg behandelt hat. Gerade hier aber, wo
sich dem Verständnis die größten Schwierigkeiten entgegen-
stellten, mußte das Bedürfnis nach einer Unterstützung am stärk-
sten sein. Es sind überhaupt nicht allgemein die schwierigeren
oder unklaren Stellen, die Berührungen mit Winsemius zeigen.
Ebensowenig wie diese kommen die anderen lateinischen Ueber-
setzungen, die ich einsehen konnte, in Befracht. Es sind dies:
Lalamantius, Paris 1557 und 1577, Thomas Naogeorgus, Basel 1558
und Georgius Rafallerus, seif 1570 mehrfach, zuletzt Ingolstadt
1608, gedruckt. Nicht zugänglich waren mir die Uebersefzungen
von Gu. Hervetus, Lyon 1541, J. B. Gabia, Venedig 1543 und
Thomas Watson, London 1581.
Keine Anhaltspunkte ergab ferner eine Vergleichung der zwei
uns bekannten Ueberfragungen in moderne Sprachen, der italieni-
schen des Luigi Alamanni (1533) und der französischen des Jean
Antoine de Ba'if (1573)17. Beide machen sich bedeutend freier
vom Text und sind viel eher als Bearbeitungen denn als Ueber-
tragungen zu bezeichnen.
Wir müssen gestehen, daß dieses negative Ergebnis, das zu
der Annahme führen müßte, daß Opitz den griechischen Text
17 Von einer anderen französischen Uebersetzung der „Antigone“ durch P.
Le Clerc, Paris 1573, die Hoffmann, Lexicon Bibliographicum, S. 615 und Graesse,
Bd. VI, S. 444 anführen, habe ich sonst keine Spur finden können. Da Titel, Ort
und Jahr genau mit der Uebersetzung De Ba'ffs übereinstimmen, diese ihrerseits
den beiden genannten Bibliographien aber unbekannt ist, ist vielleicht mit einer
vorerst nicht weiter auf klärbaren Verwechslung zu rechnen.
 
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