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Kommentar, wie viele seiner gelehrten Dichtungen und be-
sonders auch die „Trojanerinnen“, hat die „Antigone“ nicht. Es
ist dies wohl weniger auf eine Flüchtigkeit der Arbeit (Stachel)
als auf die Entferntheit von allen lexikalischen Hilfsmitteln, sowie
auf den Mangel gelehrten Zuspruchs zurückzuführen, wie ihn für
die „Trojanerinnen“ sein Freund Buchner ihm geboten hatte. Ja
man geht vielleicht gar nicht so sehr fehl, wenn man den Kommen-
tar der Seneca-Uebersetzung wesentlich auf dessen Konto setzt 22.
Man wird überhaupt von Opitzens gelehrter Tätigkeit geringer
denken dürfen, als das bisher geschieht, indem man von dem „ge-
lehrten“ Charakter seiner Dichtungen auf die Profundität seiner
Gelehrsamkeit schließt. Der Verlust der „Dacia Antiqua“ hat,
wohl zu seinem Glück, sein wissenschaftliches Werk unserer Prü-
fung entzogen. Aber so geheimnisvoll Opitz und sein Kreis diese
Arbeit auch immer berufen, es wäre alles andere zu erwarten ge-
wesen als ein monumentales Lebenswerk, viel eher ein ausge-
schütteterZeftelkasten nach Art des „Liber Variarum Lectionum“.
Jedenfalls spricht keines unserer Zeugnisse dafür, daß mehr davon
vorhanden gewesen wäre als eine umfangreiche Materialsamm-
lung und höchstens noch eine Disposition. Nur darum konnte sie
auch so spurlos verschwinden. Ferner sind die gelehrten Nach-
weise des „Florilegium“ z.B. nach Rubensohns Feststellung23 fast
sämtlich der Cüchlerschen Ausgabe entlehnt. Wie weit die An-
merkungen zum Annolied sein Eigentum sind, bedürfte noch einer
eigenen Untersuchung. Die Kommentare endlich zu seinen ge-
lehrten Dichtungen (Vesuvius, Zlatna, Lob des Krieges Gottes
usw.) boten als poetische Quellenangaben keine Schwierigkeiten.
Opitz war auch hier, wie überall, ein flinker und anpassungs-
fähiger Kompilator viel mehr als ein Gelehrter. Zu diesem Berufe
fehltes es ihm an Ausdauer, Gründlichkeit und geistigem Schwer-
gewicht. Kurz wir dürfen so gering von seiner Gelehrsamkeit den-
ken, daß seine augenblickliche gelehrte Mittellosigkeit sowohl als
die größere Fremdheit einer griechischen Dichtung genügen, das
Fehlen eines Kommentars wie andererseits die zahlreichen sach-
lichen Mißverständnisse der Uebersetzung zu erklären.
Für die Entstehung der „Antigone“ darf man so wenig wie
für irgendeine andere von Opitzens Dichtungen nach modernem
Vorurteil nach einem auslösenden Erlebnis oder überhaupt nur nach
22 Auch Borcherdt ist dieser Ansicht: Augustus Buchner, München 1919,
S. 128.
23 a. a. O. S. CCXXVII.
 
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