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eine ausgemachte innere Verarmung der verbalen Glieder. Das
Ergebnis ist, daß der äußere Umfang der Verbalfeile in umge-
kehrtes Verhältnis tritt zu ihrem inneren Gewicht. In diesem
Widerspruch liegt das Opitzsche Stilproblem, die Wurzel seiner
vielberufenen Schwerfälligkeit.
Die materiale Nichtigkeit des Prädikats hat dazu noch einen
anderen Erfolg: Die leere Stelle begünstigt die Ansammlung von
schmückenden Wörtern. Da das Nomen, auf dem der geistige
Akzent ruht, wie wir noch sehen werden, sich gerne isoliert, izeigf
das Epitheton eine gewisse Neigung aus der adnominalen in die
adverbiale Stellung überzutreten. Diese Abwanderung ist des-
halb nicht sehr deutlich, weil die dekorative Neigung überhaupt
noch gering ist, immerhin zeigt der statistische Vergleich gegen-
über dem Griechischen einen unverkennbaren Ueberschuß. (20)
Gab schon die oben erörterte Umschreibungstechnik der verbalen
Gruppe einen sozusagen poetischen Bau zu denken für eine
Zeit, in der uneigentliche Umschreibung dessen, was man an sich
auch eigentlich sagen könnte, für das Wesen des Dichtens galt -
so gibt ihr das „adverbium ornans“ noch einmal poetische Farbe.
Dadurch wird die Verbalpartie der eigentlich dekorative Ort
innerhalb dieses Stils, vom logischen Gesichtspunkt aus aber das
ganz eigentlich unnütze Glied. Der Satz teilt sich somit in eine
nominale Hälfte als die Trägerin der Bedeutung und eine verbale
Hälfte als die Trägerin des Schmucks. Die stilistische Umkehrung
bringt später die Schule Hofmannswaldaus.
b) Das Nomen und das Wort
Die so stark nominalisierende Gesinnung der Opitzianer ist
der tiefe Grund ihrer Vorliebe für die ähnlich aufgebaute
lateinische Sprache. Damit verrät die neue Kunstart deutlich ihre
neulateinische Herkunft. In unserem besonderen Falle mag man
sich dazu noch daran erinnern - soweit man nicht die Nach-
wirkung einer benutzten lateinischen Uebersefzung darin erkennen
will -, daß man durchaus gewohnt war, griechische Autoren ins
Lateinische nicht etwa ins Deutsche - zu vertieren und sie auch
im Urtext gewissermaßen mit lateinischer Zunge las.
Das Nomen trägt die ganze gedankliche Last der Opitzschen
Sprache. Es hat die logische Hegemonie des Satzes, während es
an seiner syntaktischen Fügung nur schwach beteiligt ist. Es steht
darum als Substantiv meist isoliert und ohne attributive Beglei-
tung, außer in den seltenen Fällen, wo diese zu seiner Bestimmung
 
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