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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1936

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Dammann, Oswald: Die Universität Heidelberg nach dem Frankfurter Attentat
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https://doi.org/10.11588/diglit.47623#0044
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Oswald Dammann
Die Universität Heidelberg nach dem Frankfurter Attentat
Im „Kurpfälzer Jahrbuch“ 1925 hat Rudolf Sillib im Rahmen seines
Aufsatzes „Die Universität Heidelberg vor und nach dem Frankfurter
Attentat“ einen Brief des Heidelberger Philologen und Oberbibliothekars
Johann Christian Felix Bähr vom 16. Juni 1833 an den Archäologen Wil-
helm Dorow in Berlin mitgeteilt, in dem Bähr noch unmittelbar unter
dem Eindruck des Frankfurter Wachensturms und seiner für Heidel-
berg so verhängnisvollen Folgen die vor dem Ereignis von der Uni-
versität eingenommene Haltung zu rechtfertigen und so unter der Hand
einer günstigeren Stimmung, wenn nicht einer Zurücknahme des über
die Universität Heidelberg verhängten Boykotts von seifen Preußens
vorzuarbeifen suchte. Über Bährs Persönlichkeit, seine Wirksamkeit als
akademischer Lehrer und namentlich über seine politische Einstellung
hat seitdem H. von Srbik in einer erschöpfenden Studie1 gehandelt. Sie
nimmt zwar ein Moment aus der späteren Entwicklung Bährs zum Aus-
gangspunkt, geht aber auch den Voraussetzungen nach, unter denen
diese Entwicklung sich vollzog. Durch Creuzer und Daub schon in jun-
gen Jahren für Mystik und Romantik gewonnen, als Altertumsforscher
zugleich erfüllt von dem neuhumanisfischen Idealismus Friedrich August
Wolfs, hütete Bähr, ohne es selbst zu bedeutenden schöpferischen Eigen-
leistungen zu bringen, während eines langen, ausschließlich an der Ru-
perto-Carola verbrachten Lebens die wissenschaftlichen Traditionen der
Jahrhundertwende und der Restaurationszeit, und so „verkörperte sich
in ihm zu einem Teile die alte, unpolitische Zeit der Universität“. Als
orthodoxer Protestant und Gegner des vulgären Liberalismus Paulus-
scher Prägung fand er früh Anschluß an den romantisch-katholischen
Kreis, den der Frankfurter Rat Johann Friedrich Heinrich Schlosser auf
dem nahen Stift Neuburg um sich versammelte. Hier war es, wo er sich
in seinen konservativen Überzeugungen maßgebend bestätigt fand, und
wo jene Sympathien für Österreich in ihm genährt wurden, die ihn in
den vierziger und fünfziger Jahren angesichts der unaufhaltsam vordrin-
genden kleindeutschen Politisierung der Heidelberger Universität zu
einem der wenigen Wortführer des großdeutschen Gedankens machten.
1 ZGORh 43, 1929, 202 ff.
 
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