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Brodersen, Kai; Wink, Michael [Editor]; Bartram, Claus R. [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: Vererbung und Milieu — Berlin [u.a.], 45.2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4063#0126

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U4 Franz Resch und Eva Möhler

tersucht. Im Folgenden soll ein Überblick über dazu vorliegende empirische
Befunde gegeben werden.

Zur Erfassung der autonomen Erregbarkeit wurde in zahlreichen Unter-
suchungen an Kindern, Adoleszenten und Erwachsenen die Reagibilität der
Herzfrequenz auf Reize herangezogen (u.a. Kamarck et al. 1992, Debski et al.
1991). Dabei konnten interindividuelle Unterschiede bei intraindividueller
Stabilität der kardialen Reagibilität nachgewiesen werden (Cacioppo et al.
1992, Uchino 1995), was den dispositionellen Charakter dieses Parameters
unterstreicht.

Ähnliche Ergebnisse wurden hinsichtlich Hautleitfähigkeit, aber auch en-
dokriner Messgrößen insbesondere des adrenergen Systems erzielt.

Die starke Reaktion auf verschiedene Stimuli im Alter von sechzehn Wo-
chen als Prädiktor für einen behavioral inhibierten Stil gegenüber unver-
trauten Reizen mit 5 Jahren ging in den Untersuchungen Kagans mit ten-
denziell zeitstabilen psychophysiologischen Auffälligkeiten einher: Viele
(nicht alle!) der hoch reagiblen Kinder zeichneten sich nach Kagans Befun-
den durch eine höhere und regelmäßigere basale Herzfrequenz und einen
höheren Sympathikotonus (gemessen u.a. durch den diastolischen Blut-
druck) aus. Dabei standen insbesondere basale Herzfrequenz sowie deren
Variabilität mit späterer behavioraler Inhibition im Zusammenhang, wobei
die basale Herzfrequenz bereits pränatal und zwei Wochen postpartal erfasst
wurde und eine durchschnittliche basale Erhöhung aufwies, wenn das Kind
sich mit 14 Monaten als hochreagibel bzw. behavioral inhibiert zeigte. Dieser
neonatale psychophysiologische Parameter korrelierte besser mit den Ver-
haltensdaten als kardiale Messwerte mit 4 und 14 Monaten (Kagan 1994).

Die beschriebenen kardialen Auffälligkeiten sind in unabhängigen Unter-
suchungen an Neugeborenen bereits beobachtet und mit Verhaltensauffäl-
ligkeiten in Verbindung gebracht worden: Die basal erhöhte Herzfrequenz
kennzeichnet in Spanglers Untersuchungen (Spangler und Scheubeck 1993)
diejenigen Neugeborenen, welche nach der Brazelton Skala als irritabler und
weniger state-regulierend eingestuft wurden. Es handelt sich dabei offenbar
um ein intraindividuell in den ersten Lebensmonaten recht stabiles Merk-
mal, (Worobey 1989, Snidman et al. 1995, Fracasso et al. 1994), wobei von ei-
nem zunehmenden parasympathischen Einfluss auf das Herz ausgegangen
werden muss. Dennoch besteht kein linearer Zusammenhang zwischen den
psychophysiologischen und den behavioralen Daten, was Kagan (1994) da-
mit erklärt, dass beide Prozesse zwar über die Exzitabilität des nucleus
amygdalae vermittelt werden, jedoch von dort aus über unterschiedliche
Bahnen.

Weitere zeitstabile und mit den klinischen Parametern in signifikanter
Verbindung stehende Größen sind die Pupillenerweiterung, Muskelspan-
nung, Adrenalin- und Cortisol-Sekretion sowie eine rechtsfrontale Asym-
 
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