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W.-S. 1S32/33, Nr. 1

„Der Aeidelberger Skudent"

Seite 3


FkelMilligek WMIklllt Ulld MellrliitUllpW

Es wurde schou von vielen Seiten Stellung zu
der Frage Freiwilliger Arbeitsdienst oder Arbeits«
dienstpslicht genommen. Allerdings gingen diese
Erwägungen immer von wirtschaftlichen Gesichts-
punkten aus, d. h. Kreise der Wirtschaft hielten es
sür ihre vornehmste Pslicht, die Rentabilität des
Freiwilligen Arbeitsdienstes derjenigen der Arbeits-
dienstpslicht gegeniiberzustellen. Aus diesem Grunde
mußte daher in diesen Berechnungen fast immer der
Freiwillige Arbeitsdienst den Sieg davon tragcn.
Es soll zugegeben werden, daß „Erziehung zur
Kameradschaft", oder „Nutzbarmachung des vor-
handenen Arbeitswillcns durch Beschaffung zu-
sählicher Arbeit" als ideelle Ziele des Arbeitsdienst-
gedankens auch von diesen berechnenden Kreisen
nie vergessen wurden, aber man kann sich der Ver-
mutung nie ganz erwehren, daß die wirklich ideellen
Ziele vor dem Primat der Rentabilität unbedingt
zurücktraten. Man lehnt die Arbeitsdienstpflicht
allgemein ab, weil man sich sagen muß, daß
junge Menschen, die zn einer vielleicht ungewohnten
Arbeit gezwungen werden, nicht das leisten werden,
was Freiwillige an Arbeitsleistung bewältigen.
Kurzum, man treibt allgemein — einschließlich
der Regierung — eine Tagespolitik nnd hat nicht
den Mut vder vielleicht anch nicht die Zeit, einen
Blick auf die Entwicklung der weiteren Zukunst zu
werfcn.

Jmmerhin ist es schon ein großes Verdienst der
am Arbeitsdienst beteiligten Verbände, die Jdee
mit den vorhandenen Mitteln und Wegen praktisch
in Angriff genommen zu haben. Man darf auch den
Erfolg keineswegs gering einschätzen, obwohl die
Zahl der Teilnehmenden (nach dem letzten Bericht
der Reichsanstalt 250000 Arbeitsdienstfreiwillige)
gemessen an der zu leistenden Arbeit nur einen
Bruchteil der notwendigerweise zu Erfassenden
darstellt. Und wer sind diese „notwendigerweise
zn Ersassenden"? Bestimmt nicht nur jene, die
sich fteiwillig dem Arbeitsdienst unterwersen, denn
gerade sie haben sich noch aus eigener Krast von
der Straße wegzureißen vermocht, denn gerade
sie sind sich doch der demoralisierenden Wirkung der
Untätigkeit bewußt geworden. Die Freiwilligen
kommen doch deshalb auf die Dienststellen, weil
sie Schluß machen wollen mit dem quälenden Ge-
danken, unnütz, ein sünftes Rad am Wagen zu sein.
Aber wieviele haben sich dahin noch nicht durchgerun-
gen und wieviele werden sich nicht dahin durch-
ringen? Gerade diesen gilt der ideelle Grnnd des
Arbeitsdienstpslichtgedankens. Man erzieht keine
„fteiwilligen" Zöglinge, man erzieht diejenigen,
denen die Erziehung von Nutzen ist.

Der Arbeitsdienst bekommt erst daim seinen
Sinn, wenn der Student — nicht nur der Werk-
student — neben dem Arbeiter, der Beamtensohn
neben dem Taglöhner steht, wenn sich diese Men-
schen miteinander verständigen, wenn der Klassen-
haß mit dem Standesdünkel fällt. Die Ziele sind
groß und mannigfaltig und aus dem Ganzen her-
ausschälen muß sich der Deutsche Mensch.

Einer Wirtschaft, die immer nur sähig war, von
Jmpuls zu Jmpuls zu leben, und die zum Tode ver-
urteilt ist, wenn dieser Jmpuls ausbleibt, müssen
wir das Recht absprechen, das Primat über Pro-
bleme, von denen die Zukunft der Jugend und so-
mit die Zukunst des Volkes abhängt, zu fordern. Sie
muß zurückstehen, damit nicht die Gefahr auskommen
kann, daß die ideellen Ziele der Arbeitsdienstpslicht
durch wirtschastliche Erwägungen erdrückt wercen.
Ein Staat darf keine Kräste brach liegen lassen, er
mnß alles anfbieten, um diese Kräfte für das All-
gemeinwohl nutzbar zu machen. So muß u. a. der
Staat die Möglichkeit schaffen, Siedlungsboden znr
Versügnng zn stellen und somit zum Rückzug auf
das Land beitragen. Vorläufig hat die Regierung
entweder nicht denWillen oder nicht die notwendige
Erkenntnis, den Arbeitsdienstgedanken als wertvoll
anzuerkennen und das Gerede von der „Wirt-
schastszelle innerhalb des Staates" abzuweisen.
Die Furcht vor der gesundendcn Krast des Herzens
im deutschcn Volkskörper läßt die Regierung zu
keinem Entschluh kommen. Wäre der Wille da, dcr
Weg würde sich schon sinden.

Es wäre falsch zu sagen, daß der Freiwillige
Arbeitsdienst nicht von großem Nutzen gewesen
wäre. Aber wenn diese Lehrschule nicht in der
allgemeinen Arbeitsdienstpflicht angewandt wird,
hat der Freiwillige Arbeitsdienst seinen Zweck ver-
sehlt, weil er nie diejenigen erfassen wird, denen die
Erziehung zu einem „nützlichen Gliede der Gesell-
schaft" vvnnötenist. Gesinnung ist alles und durch die
Kameradschaft allein werden Klassengegensätze ver-
wischt. Der Mensch im ehemaligen Klassengegner
muß gesunden werden. Der junge Deutsche soll
erkennen lernen, daß er mit seinem gewonnenen
Kameraden auf Gedeih und Verderb in einer Schick-
salsgemeinschast verbunden ist.

Und dazu brauchten wft die Freiwilligen, wei
sie sich dieser großen Aufgabe bewußt waren und
als Elite bewußt um den Kameraden werben und
damit die Kameradschaft von unten bringen können.

H. Wacker.

Sllldkllt und WMiliAuug

Es ist nicht einfach, das Wesen der Arbeiter-
dichtung näher zu kennzeichnen. Doch wird die
Eigentümlichkeit leichter verständlich, wenn sie von
dem abgegrenzt wird, was in schlecht unterrichteten
Kreisen mit ihr gleichgesetzt und gleichzeitig genannt
wird. Der Naturalismus, der das proletarische
Elend gerne schilderte, sieht zwar die sozialen Nöte
des Arbeiters, aber er erlebt sie nicht. Die Dar-
stellung des Stosfes ist noch kein Bekenntms; man
weiß, was im Hinterhaus, in Mietskasernen, in
engen, verwitterten Kammern vor sich geht; man
spürt vielleicht auch Mitleid, warnt und mahnt;
aber man bleibt der eigenen bürgerlichen Sphäre
treu. Daran ändern auch die so beliebt gewordenen
Reden vor Arbeiterkreisen nichts. Bei aller Kritik
am bürgerlichen Stand bleibt man ihm verhastet;
und so entsteht jene „Jronie aus Mangel an Stolz",
die den jnngen Studenten, der wedcr romantischen
Spielereien verbunden, noch dem Übergeistigten
versallen ist, von heute gefeierten Autoren abstößt.
Mancher VerbindungssMdent hat heute mehr Be-
ziehungcn zum Arbeiter gefunden als jene, die
jegliches Korporationswesen zum Hindernis einer
Volksgemeinschaft stempeln wollten. Der Gegen-
satz in der Studentenschaft zeigt sich nicht mehr in
den Strophen eines Bierliedes; er geht quer durch
Finken und Korporatio.nen hindurch. Da finden
aus der einen Seite manche noch ihre Seligkeit
in einem „psundigen Kantus", viele auch schwelgen
in den Formgebilden selbstbewußter Astheten;
auf der anderen Seite aber horchen junge Menschen
anf den Notruf einer wahrhaftigen Arbeiterseele
und spüren die Verwandtschaft mit ihr; denn sie
ahnen in ihrer eigenen Zukunst die Gefahren,
arbeitslos, ftiedlos, heimatlos zu sein. Und auch sie
verachten bürgerliche Selbstgenügsamkeit, Bequem-
lichkeit, Prositgier, sie hassen jenes Ruhebedürsnis,
das um des Friedens willen höchste Güter preisgibt.

Leicht wird nun der nationalistische Student
geftagt, warum er den Kampf gegen den Kultur-
bolschewismus sühre, da es hier doch nm Beftei-
ung des Proletariats gehe. Dnher muß grundsätz-
lich die Arbeiterdichtung gegen den Kulturbvlscke-
wismus abgegrenzt werden. Das ist möglich in
zweierlei Hinsicht. Einmal besteht ein Unterschied

im Fvrmellen. Es ist kennzeichnend für das, was
schlagwortartig als Kulturbolschewismus bezeichnet
werden kann, nicht, was von kulturreaktionären
Kreisen als solches mit Zwickelverordnungen ge-
troffen werden soll —, daß man nicht aus innerer
Notwendigkeit, aus seelischer Haltung zu neuer Ge-
staltung durchdringt, sondern moderne Formen
konstruiert, meist die Namen sür die neue Richtung
eher erfunden, als künstlerisch in diesem Sinn ge-
schaffen hat. Man sucht nach absurden Wortbildun-
gen, Satzgesügen, Paradoxen, schwelgt in Sinn-
losigkeiten, setzt Dichtung schliehlich gar mit Mathe-
matik gleich. Das andere Kennzeichen des Kultur-
bolschewismus, der eigentlich Anarchie in der Knltur,
ja Kulturlosigkeit bedeutet, ist seine Leugnung aller
höheren, das Dasein gestaltenden Werte, sein Kampf
gegen ideelle Sinngebung des Lebens, sein Ver-
zicht auf Zielsetzungen, die über allzu menschliche
Zwecke hinausgehen. Kulturbolschewismus zerstört
nicht, um eine Steigerung und Bereicherung des
Menschentums zu erringen, sondern er zersetzt, um
den Menschen herabzuwürdigen. Menschlichkeit
wird gefordert; aber erreichen will man sie da-
durch, daß alles Hohe, Edle, Große herabgezerrt
wird, um es niedrigen Kreaturen — wie man so
schön sagt „menschlich näher zu bringen"! Die
Berlogenheit der gesellschastlichen Moral der letzten
Jahrzehnte kann nicht durch Lösung aller mensch-
lichen Bindungen überwunden werden. Sturz
jeglicher Autorität ist ebenso verwerflich wie sittliche
Überheblichkeit. Wenn die „Dichtungen" solcher zer-
setzenden Art, Ehre, Treue, Volk, Heldentmn leug-
nen, wenn sie den Schmutz lieben nnd die Jronie um
ihrer selbst willen betonen, so sind sie nicht geeignet,
dem jungen Menschen an der Hochschule in seiner
idealistischen Einstellung Wesentliches zu geben.

Bcfteiung des Arbeiters bedeutet Entprole-
tarisierung, Erhebung zum gleichberechtigten Volks-
genossen, zum Mit-Arbeiter, wie Steguweit in
seinem Roman „Der Jüngling im Feuerosen" sagt.
Den seelischen Wünschcn des Arbeiters, seiner
Sehnsucht nach Reinheit, Anerkennung, Würde
entsprechen aber keinesfalls Schriftsteller, die alles
Verwurzelte hassen, die, wie Lion Feuchtwanger,
„Leichtfertigkeit vornehmste Tugend" nennen.
Gustav Falke trifft wohl eher das Sehnen deutscher

Proleten, wenn er im „Lied der Ärmsten" sagt:

„Stolz kann auch der Ärmste sein:

'Seht von unsrer deutschen Äde

Jst dies liebe Fleckchen mein!'"

Aus ungekünstelter Arbeiterdichtung spricht
immer das Sehnen nach Heimat. Soweit nicht die
Doktrin des Marxismus das eigentliche Empfinden
verfälscht und die Hinwendung zum Nur-Ökono-
mischen des historischen Materialismus höhere Wert-
und Zielsetzungen hindert, spricht aus den schlichten,
wahrhaftigen Arbeiterseelen das Bedürfnis nach
außerwirtschaftlichen Bindungen. Was bei Max
Barthel trotz ausgesprochen marxistischer Einstellung
sich schon andeutet, was bei Gerrit Engelke durch kein
europäisches Pathos verdeckt werden kann, wird bei
Karl Bröger, Heinrich Eggersglüß und Heinrich
Lersch zum starken Bekenntnis: Bindung an die
Heimat, in der dic erste Ofsenbarung des Vater-
landes erlebt wird. Jm Weltkieg wurden aber
gerade Arbeiterdichter getreue Kämpfer und Sänger
sür die Nation.

Krieg und Nachkrieg ließen die Erkenntnis
reifen, daß die Volkwerdnng der Deutschen erst im
nationalen Sozialismus sich vollende. Aus dem
Fronterlebnis wuchs der Wunsch, Bürgertum und
Proletariat in einer neuen Gesinnung durch eine
neue, tveitergreifende Auffassung vom „Arbeiter"
zu überwinden. Die bisherige Arbeiterdichtung
wurde, wenn sie nicht zu sehr in marxistischen Dok-
trinen gebunden war, aus einer Klassenangelegen-
heit zur Sache der Nation. Schon ftüh standen ihr
Nichtproletarier nahe; Bruno Tanzmann war
bäuerlicher, Ernst Johannsen seemännisch-hand-
werklicher Hcrkunft. Die Entproletarisierung be-
wegte im Jimersten auch junge Menschen der Kreise,
deren Lltere Wortführer mitleidige Hilfe mit sozi-
alem Bewußtsein irrigerweise gleichsetzen. Der
„Arbeiter-Mythos", den Wolf Zeller kündete,

wurde auch Studenten bürgerlicher Abkunst be-
wußt. Jm Jüngerkreis erstand eine Lyrik, die
schon Dichtung dieses neuen Arbcitertums genannt
werden kann; Gedichte von Schauwecker („Der
Spicgel") und Friedrich Wilhelm Heinz haben der
stndentischen Generation mehr zu sagen als die
Ästhetcn dieses Jahrhundcrts. „Wolf Eschenlohr"
und „Der Wanderer zwischen beidcn Welten", das
Vermächtnis von Walter Flex, der als Student
schon vor dem Krieg die Hand des Arbeiters suchte,
wirken in der Nachkriegsjugend, so daß sie zum
Denken und Dichten des Arbeiters finden kann.
Geschickte Reportage aus proletarischem Milieu
berührt die Seele studentischer Jugend ebensowenig
wie Romane eines G. Birkenfeld, die aus Freude
am Schmutz, nicht aus sozialistischem Bekenntnis
geschrieben sind. Tiefer ergreift schon „Der Fall
Bundhund" von Haken, dessen Wahrhaftigkeit nicht
geleugnet werden kann. Richard Euringer gibt
seinen sozialen Romanen eine ftarke Symbolik,
die gleich stark zum jungen Arbeitslosen wie zum
Studenten spricht.

Dcr Student, dem deutscher Sozialismus zur
Lcbensnotwendigkeit geworden ist, war der Arbei-
terdichtung gegenüber aufgeschlossen, sie ist ihm
wertvolles Gut in der deutschcn Literatur geworden.
Darüber hinaus aber fühlt er sich innerlich verbunden
einem künstlerischen Schafsen, das aus der Haltung
eines dentschen Arbeitertums die Enge des Bürger-
tums und die Wurzellosigkeit des Proletariats
überwindet und bei aller Weite ihrer Verankernng
im Volkstum sich bewußt bleibt. Eigene Sorgen,
eigene Qual werden der jungen Generation heute
gering gelten, da sie sich der Mahnung von Dehmels
Bergpsalm bewußt ist:

„Heut stöhnt ein Volk nach Klarheit, wild und gell I"

H. H. Reeder.

Zugend irn Aufbruch.

Sinn und Gestaltung des Arbeitslagers.

Die Auseinandersetzung im Politischen Vorder-
grund über fteiwilligen Arbeitsdicnst und Arbeits-
dienstpflicht droht den gemeinsamen Gedanken:
Durch längeres Miteinanderleben und Arbeiten
junger Menschen aller Volksgruppen Verständnis
und Achtung für die Leistnngen derselben, sowie im
gemeinsamen Dienst den Willen zum Ganzen zu
wecken, in der Diskussion der miteinander um Ein-
sluß ringenden Bürokratien, ebenso wie durch
unftuchtbare Streitereien um Einzelheiten, —
zu sehr in den Hintergrund treten zu lassen.

Demgegenüber ist es notwendig, auf die Grund-
lagen hinzuweisen, die den Arbeitsdienst in so kurzer
Zeit unter der Mitwirkung aller Bolksgruppen den
Umfang annehmen ließ, den er heute besitzt. Lange
bevor tm Juli 1031 das „Gesetz über den fteiwilligen
Arbeitsdienst" erschien, hatten sich junge Menschen,
die von der Froni des Weltkriegs zurückgekommen,
den Geist der Kameradschaft lebendig in sich trugen,
zusammengefunden mit jungen Arbeitern, die die
Not gelehrt hatte, über die Einzelinteressen hinaus
die Notwendigkeiten des Ganzen zu sehen. Beide
Gruppen sahen das Gemeinsame in dem Geist und
den Formen der Jugendbewegung, der sreiwilligen
Unterordnung und der Lebendigkeit, wie sie sich
so ost auf Fahrt und im Lager bewährt hatten. Die
Versuche, die seit 1925 in jedem Jahre mit wachsen-
dem Ersolge gemacht wurden, die Erfahrungen des
Frontsoldaten, des Arbeiters und der Jugendbe-
wegung zur Mithilfe am Ausbau des Staates
fruchtbar zu gestalten, haben den Gedanken des
Volkslagers weitergetragen. Das Volkslager stellt
sich bewußt in den Dienst an der Volksgemeinschaft.
Es verlangt von keinem Äufgabe seiner „Weltan-
schauung" oder irgendwelches Muckertum, aber es
erwartet von allen Teilnehmern den guten Willen
den anderen gelten zu lassen, solange er nicht durch
Obstruktion die Lagergemeinschaft unmöglich macht.
Die Erfahrungen von 7 Jahren auf zahlreichen
Lagern, in denen die verschiedensten Richtungen
vertreten waren, haben die Richtigkeit dieses Ge-
dankens ebenso erwiesen, wie sie allen „Diskussions-
kanonen" die Unfrnchtbarkeit dieses Bodens für
„rein geistiges" Geschwätz noch jedesmal spätestens
innerhalb einer Woche bescheinigt haben. Die
Lager, die unter vollkommener Selbstverwaltung
stehen und durch die fteiwillige Unterordnung
unter den Lager- und die Gruppenführer getragen
werden, sind in ihrer Gestalt durch den Rhythmus
von ernsthafter körperlicher Arbeit, Freizeit und
ernsthafter geistiger Bildung, die in Aussprachen
ebenso wie im gemeinsam betriebenen Sport,

Musizieren und Theaterspiel sich vollzieht, be-
stimmt. Rur wer sich in beidem bcwährt, wird sich
durchsetzen; der Jntellektuelle gedeiht hier eben-
sowenig wie der Krastmeier. Aus dieser Spannung
heraus entsteht die Lebendigkeit des Lagers und
entsteht jenes Gesühl der Gemeinsamkeit, trotz aller
Verschiedenheit, das jeden nach seiner Rückkehr in
den Älltag, um Freunde und Erkenntnisse bereichert,
an dem Platz weiterarbeiten läht, an dem er im
Volksganzen steht, dessen Abbild er im Arbeitslager
erfahren hat. Das sind die Tatsachen, die meine
Lagerkameraden vom I. badischen Arbeitslager in
Egringen im August 1931 zu bestätigen bereit sind.

Es sind die Erfahrungen des II. badischen Arbeits-
lagers und der drei in diesem Jahre stattgefundenen
Lager in Neidelsbach im Bauland, um nur diejeni-
gen zu nennen, an welchen vor allem Heidelberger
Studenten teilgenommen haben. Gerade für die
Studenten haben sich die Lager besonders wertvoll
erwiesen. Es zeigte sich, daß nicht die intellektuelle
Üverlegenheit, sondern der ganze Mensch entschied,
ob er zum Führen geeignet oder als einfaches Glied
der Lagermannschaft, das zu dem Lager beitrug,
was in ihm steckte. So stand und steht das Arbeits-
lager in geprägter Form lebendig sich entwickelnd
heute mehr denn je im Kampf um seine Fortführung.

Es bestand, ehe es einen freiwilligen Arbeitsdienft
gab, und ist in ihm eingegangen, als der im Augen-
blick gcltenden gesetzlichen Form. — Wichtiger als
die Fvrm ift die Frage nach den Bedingungen, die
sür eine weitere verantwvrtliche Mitarbeit der
Jugcnd am fteiwilligen Arbeitsdienst gcgeben sind. W
Durch die Arbeit eines wachsenden Kreises von
Menschen, als deren Ergebnis heute 75 Dienste in
Baden lausen, sür die das Heimatwerk Baden die
Verantwortung trägt und die zum größten Teil A,
von Menschen, die aus srüheren Arbeitslagern her-
vorgegangen sind, geleitet werden, hat das Volks- -A.
lager sich das Recht zur Mitarbeit beim Ausbau des.-.,^
Arbeitsdienstes erworben. Es scheint jedoch die
Gefahr zu bestehen, daß die junge, bisher sehr
tätige Volkslagerbcwegung, aus dcr bislang neutra-
len Organisation dcs Heimatwerkes Baden heraus-
gedrängt werden soll. Es ist dies besonders -u be-
dauern, da damit die lebendigen Kräfte, die un-
eigennützig, aber mit stärkstem Einsatz den bisherigen
Ausbau geleistet haben, ausgeschaltet würden. 'Die
Studentenschaft hat von Anbeginn der Arbeitslager-
bewegung sür die Verwirklichung des VolkslagerS
gekämpft. Sie wird auch jetzt aus dem Posten sein.

Ernst Eichler.



Kommilttonen M

helft mit am Neuaufbau des „Heidelberger Student"

Sendet Beiträge! Wir brauchen ein Kampfblatt der Halt««Kl

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