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Heidelberger Volksblatt (18) — 1885

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Nr. 25 - Nr. 37 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44621#0121

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Mittwach, den 1885. 158ʃ. Jahrg.
— . —.— — — —— — D
Möntäg, Mittwöch und Freitüg. Preis monatlich 36 Pf. Einzelne Nummer à 6 Pf. Man aboimuirt bein
BVerleger, Schiffgaſſe 4 und bei den Trägern. uswärts bei den Ländboten und Poſtanſtalten.
4 —.— ᷣ———— — — — — — 4 *—

e e e , e .

llllich: „Erſchrecken Sie nicht, Cecile, ich komme nur in der
Im Wechſel der Zeiten. hbarmloſen Eigenſchaft eines Kurgaſtes, der Sie erſucht, ihm
Bon Joſephine Gräſiu Schweriin. ſprohen, heln die er für das heutige Feſt ver-
GSortſezung). Jaſſen Sie mich hier,“ bal ſie, „ich. mag nicht hin-
„Dem ſchönen Vormittag folgte ein regneriſcher Nach⸗unterkommen.“
mittag; die leichten Wolken, die ſich Mittags an die Berg „Seien Sie nicht thöricht, Cecile,“ erwiderte er ſchnell,
ſpitzen gehängt und hier und dort tiefer ins Thal geſenkt [„Sie lieben doch ſonſt die Geſelligkeit, warum heute der
hatten, verdichteten ſich und mit der Schnelligkeit des Wetter⸗ Hang nach Einſamkeit? Und — Sie ſcheuen ja ſo ſehr
umſchlags, der den Gebirgsgegenden eigen iſt, hatte ſich der [die Beobachtung der Leute, glauben Sie nicht, daß es auf-
Himmel in ein undurchdringliches Grau gehüllt, eine dichte fällt, wenn Sie heute ſo plötzlich fern bleiben? Alſo kommen
Noebelwand lagerte vor den Bergen, der Regen ſtrömte rau⸗ Sie ſchnell, ich kann ohne Sie nicht ſingen.““ ö
ſchend herab, das ſonſt ſo lichte Grün des Stromes war in Sie fühlte, daß er Recht hatte, dennoch ſagte ſie zö-
lehmiges Grau verwandelt und ſeine Fluthen wälzten gernd: „Laſſen Sie es; hier iſt nicht Ort und Zeit für
ſſich langſam und ſchwer dahin. Dieſer Regentag — ſeit (die Mufik.“ ö ö ö ö
Bochen der erſte — gab eine erwünſchte Veranlaſſung, ein „Und warum nicht?“ fragte er lächelnd. „Nicht für
kleines Ballfeſt zu improviſiren. Draußen ſah es ſo un⸗ ihre göttlichen Offenbarungen, aber für ihre freundlichen
heimlich aus, ein dichter Vorhang verhüllte die köſtliche Gaben. Durch ein liebenswürdiges Entgegenkommen gewinnt
Landſchaft, ein Spaziergang war unmöglich. Einige der ſich der Künſtler die Leute, weshalb ſollen wir ihnen nicht
ö Kühnſten, welche meinten, das gewohnte Luftbad nicht ent⸗ein Vergnügen machen, das den Annalen des Kurhauſes
behren zu können, kamen ſchon nach wenigen Minuten mit einverleibt bleibt!“ ö *
2 triefenden Schirmen und Mänteln zurück, was konnte man Er legte ihren Arm in den ſeinen und zog die halb
Klügeres thun, als die Läden zu ſchließen, die Lampen [Widerſtrebende mit ſich hinunter.
anzünden und ſich im munteren Reigen ſchwingen. Der Er ſang ſchön, Lied auf Lied, Alle waren entzückt, man
— Juſtizrath hatte ſchnell die Arrangements getroffen; er hatte fand die Auswahl finnig und ſchön, die Stimme unver-
einige Opferwillige gefunden, die ſich in die intereſſante Auf⸗ gleichlich, den Vortrag hinreißend, und der ſchöne Mann
gabe des zum Tanze Spielens zu theilen verſprachen und hatte im Sturm alle Herzen erobert, ſo daß die Damen
hatte dann ſcherzhafte ſchriſtliche Einladungen auf die Zim⸗ kein dringenderes Verlangen hatten, als von ihm zum Tanz
mer geſandt. Die Damen improviſirten raſch einige kleine [gewählt zu werden, der nach einer kurzen Pauſe begann.
Veränderungen an ihrer Toilette, die ſie „ballmäßig“ ge⸗Fels tanzte gut und gern, der Enthuſiasmus, den er mit
ſttaltete, die dunklen Kleider wurden mit hellen vertauſcht‚ ſeinem Geſange erregt, hatte überdies ſeine Stimmung noch
eine Blume oder Schleife fand ſich ja wohl auch, und bald (mehr gehoben, ſo gab er ſich in heiterſter Laune dem Ver-
bot der hellerleuchtete Salon einen ganz feſtlichen Anblick dar. gnügen hin, kommandirte die Quadrille, erfand immer neue
Fels war in angeregteſter Stimmung; er liebte es, ſich Touren und Verſchlingungen, und Scherz und frohes La-
in dem Mittelpunkt einer Geſellſchaft zu ſehen, er tanzte chen tönte durch den Saal. ö
gern, und die Freuden heiterer Geſelligkeit hatten für ihn unter Allen gab es nur Zwei, welche die allgemeine
mindeſtens denſelben Reiz, als die Schönheit der Natur. Heiterkeit nicht theilten: Cecile und die Fürſtin. Cecile ver-
0 Er ſagte dem Juſtizrath Dank für die reizende Idee dieſes ſuchte, einen unnatürlichen Frohſinn zu heucheln und ſich
Feſtes und erbot ſich, dasſelbe durch den Vortrag einiger ſelbſt glauben zu machen, daß das Fernbleiben Lothars ihr
KLeder zu eröffuen, Frau von Gersheim werde ihm dieſe eine Wohlthat ſei, doch ihr Auge flog“ wieder und wieder
gewiß gern begleiten. •zur Thür und ſie fragte ſich unzählige Male: Wo iſt er ꝰ
„Der Juſtizrath war entzückt und äußerte nur ſein Be⸗ Warum kommt er nicht? Die Fürſtin verſuchte es nicht
dauern, daß Frau von Gersheim noch nicht anweſend ſei,‚ einmal, ihre Mißſtimmung zu verbergen. Sie gönnt es
worauf Fels verſprach, ſie zu holen. Ihnen nicht, daß Sie die Königin des Feſtes ſind,“ flü-

Als ſie auf ſein Klopfen öffnete und ſichtlicher Schreck

ſterte Fels Cecile zu. Doch dieſe wußte es beſſer, ſie be-
 
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