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Heidelberger Volksblatt (18) — 1885

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Nr. 62 - Nr. 74 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44621#0253

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MNontag, Mittwoch und Freitag. Preis monatlich 36 Pf. Einzelne ö Nummer 4à 6 Pf. Man abonnirt beim
Berleger, Schiffgaſſe 4 und bei den Trägern. Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Eine auſtraliſche Geſchichte.
ö JFortſetzung.)
„Gute Nacht, Robert, und angenehme Träume“, erwi-
derte Arthur mürriſch, während er ſich ein friſches Glas
Grog bereitete. Dann zündete er ſeine Pfeife wieder an
und ſtützte die Arme auf den Tiſtc.
Durch die halbgeöffnete Thür konnte er die Geſtalt ſei-
nes Vetters beobachten. Er ſah ihn neben dem Bette nie-

derknieen und das einfache Gebet ſprechen, welches ſie beide

ſeine Mutter gelehrt hatte, und endlich und zuletzt, als er
im Begriff war, ſich niederzulegen, ein kleines Medaillon
mit dem Bildniſſe Alice's aus ſeinem Buſen ziehen und
es an ſeine Lippen drücken. Auch er beſaß ein ſolches Me-
daillon, Alice hatte jedem ihrer Vettern an ihrem achtzehn-

ten Geburtstage eines geſchenkt. Ein plötzlicher Stich ging.

ihm durch das Herz, als er dies ſah und unwillkürlich
biß er das Pfeifenrohr entzwei, welches er zwiſchen den
Zähnen hielt. —. —
Bald verkündete das regelmäßige Athemholen Robert's,
daß dieſer feſt eingeſchlafen ſei. ö ö ö

Aber noch immer ſaß Arthur verdrießlich da, rauchend.
und trinkend, mehr trinkend, wie ihm gut und wie er ge-

wohnt war, und dem Gefühle der Eiferſucht nachhängend,
die an ſeinem Herzen nagte und ſeine beſſeren Eingebungen
übertäubte. Je mehr der Branntwein ihm zu Kopfe ſtieg,
je mehr entflammte ſich ſein ſchon überreiztes Gehirn; phan-
taſtiſche Bilder erfüllten ſein Gemüth und böſe Gedanken
ſtiegen in ihm auf, die ihn ſchaudern machten, aber die er nicht
hinwegzuſcheuchen vermochte. ö ö

Zwei, drei Stunden vergingen, es war bereits Mitter-

nacht, aber Arthur ſaß noch iinmer im Buſchhauſe, das
Geſicht in den Händen begraben, die Ellbogen auf die Knie
geſtützt. Er hatte den Branntweinkrug geleert, ſeine Pfeife

lag in tauſend Stücke zerbrochen am Boden, wohin er ſie

geworfen. Allem Anſcheine nach ſchlief er, als ein lautes
Gepolter in dem weiten Kamin ihn aufſchreckte, er ſprang
auf und lauſchte mit ängſtlicher SpannunRV7d.

Da, ſchon wieder, es war kein Irrthum möglich, der

Wind hatte ſich plötzlich erhoben.
Mit leiſen, vorſichtigen Schritten, ſo leiſe, und verſtohlen,

daß der Hund argwöhniſch ob des ungewohnten Geräuſches

dumpf knurrte, ſchlich er nach der Verbindungsthür und
blickte in das innere Zimmer. Robert ſchlief und im

konnte er das Land überſehen.
zitterte von der Gluth der Flammen, die unter ihm raſten,
Wolken weißen und bläulichen Rauches ſtiegen zu ihm em-

Traume ſprechend, nannie er den Namen Alice. Arthur
fuhr zuſammen, ſeine Augen leuchteten unheimlich auf.

„Nieder mit Dir, Beſtie“, ſagte er flüſternd zu dem

Hunde, als er aus dem Zimmer ſchlich, deſſen Thür er

leiſe hinter ſich zuzoaoo..
Bald war er draußen im Freien, er ſchloß die Hausthür

und wie verabredet, ſchob er den Schlüſſel unter dieſelbe.

Dann beſtieg er eine hinter der Hütte liegende Anhöhe und

ſchaute beſorgt nach Norden.

Ein furchtbarer Schein glühte an dem rothgefärbten
Himmel, denn das Feuer, von dem ſich ſchnell erhebenden
Sturme angefacht, loderte glänzend empor und wälzte fich
mit erſchreckender Geſchwindigkeit der Hütte zu. Es ſchien

kaum mehr als zehn Meilen entfernt, und von den Flü-
geln des wilden Nordwindes getragen, der ſich bald zu
einem Orkan verwandelte, trieb es in raſender Eile näher
und näher.

Aber Arthur lief nicht nach dem Buſchhauſe zurück, den

Schläfer zu wecken. ö

Mit dem Blicke eines Wahnfinnigen und mit verſtörten
Zügen wandte er ſich ab und ſchritt haſtig dem Schuppen

zu, wo ſein und ſeines Vetters Pferd angebunden waren.

Er zog die Gurte ſeines ſchon geſattelten Pferdes feſter,
ergriff die Zügel, ſchwang ſich in den Sattel und ſprengte
davon, dem neuen Hauſe am Ufer des Fluſſes zu, ſeinen
ſchlafenden Verwandten ſeinem Schickſale überlaſſend.
Als er etwa eine Meile ſüdwärts den Kamm eines
Hügels erreicht hatte, zog er die Zügel an und blickte ſich
um, und über die Wipfel der ächzenden und ſtöhnenden
Bäume, die ſich vor der Gewalt des Sturmes beugten,
Der blutrothe Himmel

por und der ſtoßweiſe immer mehr zunehmende Wind wir-

belte Flammenſäulen auf und ſtob Millionen brennende

Funken umher. ö ö
Es war ein furchtbar erhabener Anblick, der Zug des
Feuerkönigs in ſeiner ſchrecklichen Majeſtät und Macht; das

Brüllen ſeiner heiſeren Stimme war zu hören, roth und

glühend ſah man ſeine flammenden Schwerter und feurigen

ö Pfeile durch die Rauchwolken blitzen.

Gleich den Wogen des erzürnten Meeres wälzten ſich

die Flammenmaſſe heran. Der feurige Strom war nur
noch kaum ſechs Meilen entfernt und mußte bald das Haus

verſchlingen, welches den ermüdeten, von tiefem Schlaf be-
fangenen Robert Hepburn beherbergte. Es war noch Zeit,
 
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