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Heidelberger Familienblätter — 1864

DOI Kapitel:
No. 26 - No. 38 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43185#0140

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Lederle emſig bemüht war, den von ihr warm und aufrichtig geliebten
Mann zu tüchtiger Ausbildung in ſeinem Berufé und geregeltem Lebens-
wandel anzuhalten und dadurch das Glück ihrer künftigen ehelichen Ver-
bindung zu ſichern. Obgleich ſie dem Schenzinger nie einen Grund zur
Eiferſucht gab, war dieſer doch ſtets in eiferſüchtiger Aufregung und ſuchte
mit allen Mitteln ſeine Geliebte an ſich zu feſſeln und dem Einfluß ihrer
Angehörigen, deren Vertrauen er nie erworben hatte, zu entziehen. Er
wechſelte mit ihr Ringe und Amulette, ſchrieb ihr leidenſchaftliche Liebes-
gedichte und Briefe, zuweilen mit ſeinem eigenen Blute, nahm ihr vor dem
Crucifix feierliche Schwüre ab, und ſtürmte mit Beſchwörungen, Verheißungen,
ſowie den ſchwerſten Drohungen auf das argloſe Mädchen ein, um es auf
Leben und Tod an ſich zu feſſeln.
„Seein leichtes und unreelles Weſen hatte der Ehefran Lederle von
Anfang nicht gefallen, ſie hatte vergebens ihre Tochter vom dieſer Liebſchaft
abzubringen geſucht und am Ende des Sommerhalbjahrs 1863 darauf
beſtanden, daß Schenzinger das Haus verließ. Die beiden jungen Leute
ſetzten aber ihr. Verhältniß fort und unterhielten namentlich, während Marie
Lederle zu Beſuch in Baſel, Schenzinger über die Ferien in ſeiner Heimath
war, einen lebhaften Briefwechſel. Im October hierher zurückgekehrt, ſuchte
er brieflich die Einwilligung der Eheleute Lederle nach; allein die grundloſe
Eiferſucht Schenzingers, die Nichtbefolgung der von ſeiner Geliebten ertheilten
Rathſchläge und der unüberwindliche Widerwillen der Frau Lederle hatten
das Verhältniß getrübt, zu häufigen Vorwürfen geführt. Maria Lederle
verbot einmal ihrem Geliebten für ein ganzes Jahr den Beſuch des Hauſes,
beſchränkte dies aber dann auf einen wöchentlichen Beſuch; trotzdem kamen
ſie aber häufig zuſammen und unterhielten durch Vermittelung eines Barbier-
gehilfen einen faſt täglichen Briefwechſel, machten ſich gegenſeitig Geſchenke
und Mearie Lederle ließ ſelten einen Tag vergehen, ohne Schenzinger ein
Zeichen ihrer fortdauernden Liebe zu geben. Während es nun den Anſchein
hatte, als wenn die Eheleute Lederle ihre Tochter nicht weiter in ihrem
ernſten Vorhaben hindern wollten, äußerte Schenzinger in ſeinen Briefen
immer mehr die Furcht, ſeine Geliebte könne ihm untreu werden. In einem
mit Blut geſchriebenen Briefe bat er ſie um Verzeihung, erinnerte ſie an
die ihm geleiſteten Eide und ſchwört ihr beim letzten Hauche ſeines vielleicht
ſchon todten Vaters Rache, wenn ſie ihm untreu würde; in einem Briefe
äußerte er Gedanken des Selbſtmordes und beklagt ſeine unglückliche Liebe
und ihre Sinnesänderung; in einem andern Briefe theilte er ihr mit, er
ſei bis 2 Uhr Nachts wach geweſen, habe geſonnen und gedacht und Plane
geſchmiedet, Plane der ſ ſchrecklichſten Rache und der heiligſten Liebe, und
unterm 24. November äußerte er: „mein Jammer iſt unendlich, wie wird
das noch enden? Bete für mich, bete, denn ach, — böſe, böſe Ge-
danken durchfurchen meine gemarterte Seele aus allzugroßer Liebe für
Dich.“ Schon im Sommer hatte eer dem Joſeph Lederle erklärt, wenn er
ſie nicht bekomme, würde es ihn oder ſie koſten, ebenſo, als ihm das Haus
verwieſen wurde, er werde ſich rächen und auch keine Opfer ſcheuen, und
dem Gehilfen Schmidt hatte er damals mitgetheilt, er habe die ganze Nacht
nicht geſchlafen, er habe einen teufliſchen Plan erſonnen, Schmidt werde
ſtaunen, wenn dieſer in Erfüllung gehe.

(Fortſetzung folgt)
Redaction, Druck und Verlag von Adolpb Emmerling.
 
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