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Heidelberger Familienblätter — 1864

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No. 143 - No. 155 (2. December - 30. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43185#0613

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Heidelberger Familienblätter.

M 153. Sonntag, den 25. December. 1864.

Schwere Tage.
Eine Erzählung aus den Zeiten König Jerome's. Von Fr. Friedrich.
(Fortſetzung.)

„Das alſo iſt Euer ganzer Beweis!?“ fuhr der Richter heftiger, als
es ſonſt ſeine Gewohnheit war, auf. „Nur deßhalb haltet Ihr ihn für
einen Mörder!? Und Ihr ſelbſt habt nur durch Euern Haß Euch verleiten
laſſen, auf ſeine Verhaftung zu dringen!“
Der Ackerbauer ſchwieg. ö —
„Ich habe Euch ſogleich geſagt, daß der Haidewirth bei dem Verbrechen
unbetheiligt ſei. Und er iſt unſchuldig. Er hat mehrere Zeugen gebracht,
daß er in der Nacht, in welcher der Mord begangen iſt, bis gegen Morgen
in dem Gaſtzimmer der Schenke geweſen iſt, und allen Anzeichen nach, wie
der Nachtwächter ausſagt, iſt der Mord gleich nach Mitternacht geſchehen.
— Was habt Ihr hiergegen einzuwenden?“
„Nichts,“ entgegnete der Ackerbauer. Es war ihm, als ob ihm mit
Gewalt die Kehle zuſammengepreßt werde. ö
„Röver wird heute noch in Freiheit geſetzt werden,“ fuhr der Richter
fort, „und ſo gern ich auch die Schmach von Euch abwenden möchte, ſo
kann ich Euch doch nicht ſchützen, wenn er gegen Euch klagbar wird.“
Dies Alles hatte Grebe im Geiſte ſchon ſo kommen ſehen. Er wußte,
daß der Haidewirth über ihn triumphiren werde. Ohne Weigerung wollte
er ſich fügen, wenn es ihm nur gelang, eins von ſich abzuwenden, die Ge-
fängnißſtrafe. ö
„Herr Richter,“ ſprach er mit leiſe bebender Stimme. „Was kann
ich dagegen thun?“
Der Richter zuckte mit der Achſel.
„Ich will gern jede Geldſtrafe bezahlen,“ fuhr er fort — „wenn ich
nur der — der Gefängnißſtrafe dadurch entgehen könnte.“
Der Richter ſchwieg. ö
„Ich würde es Ihnen immer Dank wiſſen — ich würde Alles thun ...!“
Er hielt zögernd inne und legte eine Geldrolle auf den Tiſch.
Ohne ihn zu unterbrechen, hatte der Richter ihn ſprechen laſſen. Jetzt
zogen ſich ſeine Brauen finſter zuſammen. ö
„Was ſoll das?“ fragte er ſtreng.
Grebe trat verlegen zurück. Das hatte er nicht erwartet.
„Ich wollte mich erkenntlich erweiſen,“ ſtotterte er.
„Erkenntlich?“ wiederholte der Richter. „Wofür? Für die Warnungen,
die ich Euch gegeben habe und die Ihr nicht befolgt habt. — Steckt das
Geld zu Cuch und freut Euch, daß ich hierüber ſchweigen will, denn ich
hätte das Recht, Euch wegen verſuchter Beſtechung ſofort verhaften zu laſſen!
— Nun entfernt Euch!“ Er wandte dem Ackerbauer den Rücken.
Dieſer ſtand einige Augenblicke noch zögernd da. Er wollte ſprechen,
aber nicht ein Wort vermochte er hervorzubringen. Dann wankte er der
 
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