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Heidelberger Familienblätter — 1864

DOI Kapitel:
No. 130 - No. 142 (2. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43185#0524

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— 520 —

ſtets der Möglichkeit, daß Sie eine völlig unſchuldige Perſon verhaftet
haben. Es könnte Ihnen eines Tages ſehr wehe thun, mich hart und
ſchonungslos nach dem Scheine verurtheilt und behandelt zu haben!“
„Eine vollendete Schauſpielerin!“ dachte der Kriminalrath, als Anna
Marie jetzt neben ihrer Mutter niederkniete und zärtlich koſend ſagte:
„Meine Mutter, meine ſüße Mama, Du haſt mich ja gelehrt, daß Gotles
Wege manchmal wunderbar und unerforſchlich ſeien, daß er aber Alles
herrlich hinaus führe! Willſt Du verzagen, nun mich eine herbe Prüfung
verſucht, ob ich Deine Gotteslehre auch richtig begriffen habe? Erhebe Dich,
liebe, liebe Mutter — Dein Kind bleibt Dir unverloren und wenn ein
teufliſches Gewebe von Bosheit es auch irdiſch vernichten ſollte — Dein
Kind bleibt Dir unverloren!“
Frau von Büren erhob die ſchwärmeriſch ſanften Augen zu Anna
Marie, ein ſanftes Roth überflog ihre Wangen. „Ich will mit Dir gehen
in Dein Gefängniß, mein Kind, ich will Dir zur Seite bleiben, als dem
heiligſten Gut, das mir Gott anvertraut hat!“
„Das geht nicht, Mutter!“ entſchied Anna Maria. „Und wenn es
auch vom Gerichte erlaubt wird, ſo würde ich mich wegen Deiner Geſund-
heit dagegen auflehnen. Sende zu — —“ Sie hielt inne, als könne ſie
den Namen nicht über die Lippen bringen, als wolle ſie ihn vermeiden,
um die Aufmerkſamkeit nicht darauf zu lenken. „Sende zu der Tochter
meines Onkels,“ ſprach ſie nach einer unmerklichen Pauſe — „ſie wird,
ſie muß Dich behüten und pflegen, bis ich wieder dieſe Pflicht über-
nehmen kann.“d
Mit ſtarkem Arme unterſtützte ſie die Mutter, hob ſie vom Boden
auf und führte ſie zum Sopha.

CForſetzung folgt.)

Vermiſchtes.

Eine Statiſtik veröffentlicht folgende
Angaben über die Zahl der Perſonen, welche
die größten Kirchen in Eurapa in ſich faſſeu
können: die St. Peterskirche in Rom 54,000
der Dom in Mailand 38.000, die St.
Paulskirche in London 25,000, die ehema-
lige Sophienkirche in Konſtantinopel, die
in eine Moſchee umgewandelt iſt, 23,000,
Notre Dam in Paris 21,000 Perſonen

In Amerika glaubt man jeden Schaden
— ſelbſt an der Ehre — durch pecuniäre
Entſchädigung ausgleichen zu können. Seit
vor drei Jahren eine Wittwe 25,000 Doll.
von einer Eiſenbahn-Kompagnie reklamirte
und erhielt, weil ihr Mann auf einem Zuge
verunglückte, ſollen viele Frauen ihre Män-
ner zum Reiſen zu verführen ſuchen. Klagen
auf Entſchädigungen für mehr oder minder

Koſt auf den Dampfern ꝛc. ſind bei allen
Gerichtshöfen an der Tagesordnung. Eben
ſo häufig klagen Mädchen und Wittwen
auf „breach of promise“ (Treubruch),
wobei der Werth einer Ehe auf 5000 —
100,000 Dollars angeſchlagen wird. Als
Entſchädigung für Schimpfworte oder böſe
Nachrede werden z. B. unter Kaufleuten
1000—20,000 Dollars als Aequivalent ein
geklagt und von dem Richter den Umſtän-
den gemäß zugebilligt.

Dieſer Tage erfolgte in Hannover die
polizeiliche Beſtrafung eines Polytechnikers,
der ſich von einem Dienſtmann hatte tra-
gen laſſen, wegen „verbotswidrigen Rei-
tens auf dem Trottoir.“ Der Spaß koſtete
23 Gr. ö

große Beſchädigungen, für ungenügende

Redaction, Druck und Verlag von Adolyh Emmerling.
 
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