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Heidelberger Familienblätter — 1881

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Nr. 1 - Nr. 8 (5. Januar - 29. Januar)
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ö „So ſei 681⸗% ſagte Tadeo.
ſogleich aüsgefertigt werden, und dänn — Cile!“
Noch einen rachgierigen Blick auf den Gefangenen wer-
fend, verließ der Graf das Gefängniß.

Als Federico ſich wieder in ſeiner traurigen Einſamleit
befand, mit der Ausſicht auf einen grauſamen Tod, war

es gewiſſermaßen ein Troſt für ihn, wenn er an ſeine be-
wieſene Feſtigkeit und an die Pein eiferſüchtiger Zweifel
dachte, die er ſeinem Nebenbuhler bereitet hatte. In ſeiner

verzweifelten Lage war ſeine Rache doppelt ſüß und längere

Zeit weideten ſich ſeine Gedanken daran.
Dann nahmen ſie eine andere Richtung und trugen ihn
aus dem finſteren Kerker nach dem Gemache, wo die ſchöne
Anſtifterin ſeines Unglücks weilte.

Crucifir und weinte und betete für ihn. Er hörte ſie

ſeinen Namen hauchen und die Heiligen anflehen, ihm bei-

zuſtehen, und im Entzücken der Liebe und Dankbarkeit
ſtreckte er die Arme aus, um die Geliebte an ſeine Bruſt
zu drücken.
durch die Kette gehemmt, welche ihn an die Wand feſſelte.
Das ſchöne Bild verſchwand und an ſeiner Stelle be-

gannen geſpenſtige Phantome durch den düſteren Raum des

Kerkers zu ſchweben, die ihm zuflüſterten, daß er ſterben
müſſe, ohne ſie je wiederzuſehen, deren Kuß noch warm
auf ſeinen Lippen war. Dann ftelen ihm auch die letzten
ſchrecklichen Worte ſeines Feindes ein und er gedachte ſeines
mörderiſchen Blickes, vor dem alle Hoffnung ſchwand. Wer
würde auch ihn, den armen Studenten vermiſſen, — wer
nach ſeinem Schickſale fragen? Waren doch ſo viele Reiche
und Mächtige dem ihm jetzt drohenden Looſe, den Händen
des Henkers in den ſchweigenden Gewölben der ſpaniſchen
Kerker, verfallen. Der langen Reihe berühmter Opfer
wurde er jetzt als ein unbeachtetes hinzugefügt, aber die

Erinnerung an Diejenigen, welche ihm vorangegangen wa-

flößte

ren und den Tod von Henkershand geadelt hatten,
ihm Muth ein. ö
ö „Ja. rief er laut, „ich will ſterben, ſo wie viele
brave Männer vor mir geſtorben ſind! Wollte Gott, ich
hätte meinem unterdrückten Vaterlande einen Dienſt leiſten
können, um den Haß des Tyrannen zu verdienen. Wäreſt
Du nicht, Roſaura, ſo würde ich willig ſterben, — Dir
gehört mein letzter Seufzer! *

Dieſe Worte hallten noch im Gefängniſſe nach, als

Fußtritte hörbar wurden und irgend Jemand außerhalb
den Verſchluß der Thüre zu öffnew begann. Federico

zweifelte nicht, daß es der Henker mit dem Befehle zur
Seinen Muth ſammelnd, blickte er feſt

Hinrichtung ſei.
und ernſt den Kommenden entgegen.

„Das iſt er,“ ſagte der Schließer, auf den Student

deutend, zu einem finſter ausſehenden Manne.
„Nehmet ihm die Ketten ab!“ befahl der Lehtere, „und
Ihr, Sennor, folget mir!“
„Verrichtet Euer Werk ſchnell!“ rief Federico.
Eure Leute, — ich bin bereit
„Schweigt und folget!“ erwiderte der Fremde in
rauhem Tone. „Wohl Euch, wenn Ihr auf Alles vor-
bereitet ſeid!“
Außerhalb des Kerkers ſtand ein dritter, tief verhüllter
Mann. Federico fühlte ſich von einem Schauder über-

laufen.

„Noch ein Henker,“ murmelte er. „Gehet voran, ich
fürchte Euch nicht!“ ö
Der Mann gehorchte, ohne etwas zu erwidern. Nach-
dem mehrere Gänge durchſchritten worden waren, ſtiegen ſie
eine hohe Treppe hinauf.
junge Mann eine Folterkammer oder ein Schaffot zu fin-

den, aber ſeine Befürchtungen verwirklichten ſich nicht.

Endlich blieb ſein Begleiter ſtehen.
„Seid Ihr bereit, vor Eurem höchſten Richter zu er-
ſcheinen?⸗ fragte er.

„Der nöthige Orfehl ſoll

Sie kniete vor einem

Allein ſie wurden auf die unangenehme Weiſe

„Rufet

Hinter jeder Thür glaubte der

4

angetroffen wurdet? Was habt Ihr dort gehört?“ ö
„ich habe
mich ſchon bereit erklärt, lieber zu ſterben, als ein Geheim
Mein Ent-

— „Ich bin bereit, 4 etwiderte Seberto feierlich.
„So tretet hier ein 1i1
Eine Thür öffnete ſich, und der Student konnte taum
einen Schrei der Ueberraſchung unterdrücken. Statt eines
Schaffots, ſtalt der erwarteten Henker ſah er einen präch-

tigen, von zahlloſen Kerzen erhellten Salon vor ſich.

Fünf oder ſechs Herren, mit vielen Orden auf der
Bruſt, ſtanden um einen hohen Lehnſtuhl gruppirt und
blickten erwartungsvoll auf Federico.

Er aber beachtete
ſie kaum. Selbſt auf einer Dame von großer Schönheit

und majeſtätiſchem. Aeußern, welche, einen goldgeſtickten

Sammetmantel tragend, in dem Lehnſeſſel ſaß, haftete ſein
Blick nur eine Secunde lang; denn dicht hinter ihr ſtand
eine andere Dame von ſo außerordentlicher Aehnlichkeit mit
derjenigen, welche die Urſache ſeines Unglücks war, mit
Roſaura, daß ihm alles Blut der Adern gewaltſam nach
dem Herzen ſtrömte.
pen und im Gefühl der Liebe und neu erwachenden Hoff-

nung alles Andere vergeſſend, war er im Begriff, ſich ihr

zu Füßen zu werfen, als die Dame im Seſſel ihn an-

redete.

„Bleibet dort, Sennor,“ ſagte ſie lächelnd und mit.

einer gnädigen Neigung des Kopfes, als wenn ſie das

hatte hinreißen laſſen. „Wie mir berichtet worden, habt

Ihr in den letzten Stunden ſonderbare Abenteuer erlebt.

Sie werden für Euch ein glückliches Ende nehmen, wenn

Ihr Name ſchwebte auf ſeinen Liv-

Gefühl erriethe, von dem ſich der junge Mann beinahe

Ihr Alles, was ſich zugetragen hat, der reinen Wahrheit

gemäß erzählet. Wo habt Ihr dieſe Nacht zugebracht?
Was führte Euch in jenes Haus, in welchem Ihr verſteckt

„Sennore,“ erwiderte Federico ehrerbietig,
niß zu offenbaren, welches nicht mir gehört.

ſchluß ſteht feſt, ich kann keine Fragen beantworten. 5
ö (ortſetzung ſolgt) ö

&Die Heiliggeiſtkirche.

Die Erneuerung des Inneren der Heiliggeiſtkirche iſt

in einer ſo erfreulichen Weiſe fortgeſchritten, daß der Wunſch

immer dringender wird, es möchte in möglichſt kurzer Zeit
die Wiederbenützung der Kirche erfolgen können. Freilich

ſtellen ſich dieſem Wunſche manche, jedoch, wie wir hoffen,

nicht unüberwindliche Schwierigleiten entgegen. Die kalte

Witterung wird ja wohl nicht allzulange den Fortgang der
Arbeiten hemmen und die Koſten für diejenigen Theile,
dürften

welche die hieſige Gemeinde zu übernehmen hat,
leicht durch eine etwaige Nachſammlung zu beſchaffen ſein.

jetzt ſchon die Kirche betritt, zu ſehen, wie ſich durch Mit-
wirken verſchiedener Elemente, insbeſondere auch durch die
umſichtige Leitung und die von feinem, künſtleriſchem Sinne

getragene Aus führung der hieſigen evangeliſchen Kirchenbau-
inſpection das Gotteshaus in ſeiner urſprünglichen Schön-

heit und erhabenen Einfachheit darſtellt. Das hochſtrebende
Mittelſchiff mit den nunmehr eigentlich erſt zu Tage ge-

tretenen Gewölbrippen und neu in kräftigen Farben leuch-
tenden Schlußſteinen, die Seitenſchiffe,
Merkwürdigkeit — zweiſtöckig ſind und dadurch die gleiche

die — eine ſeltene

Höhe wie das Mittelſchiff erreichen, ſo daß man mit einem
Blick fünf Gewölbe — Syſteme mit den ſchön geſchwunge-
nen Rippen und gemalten Schlußſteinen überſehen kann,

die Neuwölbung des Bogens am Thurm nach dem Heraus:

reißen der verdeckenden und verfinſternden Holzemporen, die

früher mit einer Tapetenwand abgeſchloſſenen Weſtſeite, die
Wegräumung der Sakriſtei und die dadurch bewirkte har-

Es iſt wirklich ein erhebendes Gefühl für Jeden, der auch

damit in Zuſammenhang ſtehende Eröffnung der lichten,
 
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