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Heidelberger Familienblätter — 1881

DOI Kapitel:
Nr. 26 - Nr. 34 (2. April - 30. April)
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.— A

Belletriſtiſche Weilage zur Sdatbaer vahnd. *

ur. 30.

Senstag, den 16. Aonl 240.

Oſtern. ö
Nun tönen wieder Frühlingslieder,

Nun grünt's auf's Nen in Flur und Hag,

Die Erde ſchmückt ſich feſtlich wieder
Zu ihrem Auferſtehungstag;
Gelöſt aus harten eiſ'gen Banden
Hat ſie des Lenzes mildes Wehn
Und kündet jubelnd allen Landen
Die Oſterbotſchaft: Au fer ſtehn!

Ja, auferſtehn! Es brach gewaltig
Das Leben nun des Todes Macht,
Und wechſelvoll und vielgeſtaltig
Rang ſich's empor aus Grabesnacht;
Was unter kalter ſtarrer Hülle

Geruht, — es war nicht todt, — es ſchlief

Und athmet neue Lebensfülle
Nun, da der Lenz ſein: Werde! rief.

O hehre frohe Oſterkunde,
Verbreite heui' dich allerwärts
Und tröſte mit beredtem Munde
Heut' jedes arme Menſchenherz:
Die bangen Zweifel der Verneinung,
Die uns ſo oft, ſo ſchwer bedroht,
Sie ſchwinden, da in die Erſcheinung
Die Wahrheit tritt: Es iſt kein Tod!

Es iſt kein Tod! Und ewig fließet
Des Lebens Ouell, ob Tag für Tag
In neue Form er ſich ergießet
Und ob er täglich wechſeln mag;
Er kennt kein Sterben, kein Vergehen,
Der Tod iſt eine Stufe nur
Zu einſt'gem ſchönern Auferſtehen
Im ewigen Kreislauf der Natur.

Es iſt kein Tod! Ihr Lenzeslüfte
Tragt's weit hinaus, von Ort zu Ort
Und ſprenget ſiegreich alle Grüfte
Mit dieſem hehren Oſterwort;
Die Theuern, denen wir mit Beben
Gebeugt in's Grab einſt blickten nach,
Sie ſind nicht todt, zu neuem Leben
Ruft ſie ein Auferſtehungstag.

Und du, mein Herz, wenn du ermatte,
Und wenn die Reue an dir zehrt,
Wenn Noth und Trübſal dich umſchattet
Und wenn's dir gar zu lange währt —
Getroſt! Es wandelt ja hienieden

Sich auch der Schmerz gleich wie ein Hauch,

Der ew'ge Wechſel bringt dir Frieden —
Getroſt! — ant blüht Dein Frühling auch!

ſetzen.“

Saat und Ernte.
Novelle von S. v. d. Horſt.
Fortſetzung.)

Er ging den Weg hinauf, ohne dem ganz veränderten
Vorderhauſe einen Blick zu ſchenken. Sein junger Gebieter

hatte nicht umſonſt ohne irgend einen Mentor oder warnen-

den Freund bisher in den großen Hauptſtädten der alten
und neuen Welt gelebt, hatte thun und laſſen dürfen was
ihm beliebte, ja ſogar vom Vater alljährlich hu. Er als
Zuſchuß erhalten, — jetzt ſah man die Folgen. Er griff
nur ſo in das Geld hinein, als könne es gar kein Ende
nehmen, er gerieth von einem Projekt in das andere und
ſchmiedete Pläne, für deren Realiſirung Millionen erforder-
lich geweſen wären. Mit jedem in weiter Ferne liegenden
Gewinne, mit jeder einigermaßen ſicheren Ausſicht rechnete
er wie mit ſchon vorhandenen Kapitalien. Evers lächelte
ſpöttiſch, aber da fiel ihm ja plötzlich noch etwas Ver-
geſſenes ein, er konnte von ſeinem Wege durch die Stadt
von dem aufgeſpeicherten Aerger einiges abſchütteln.
Wieder umkehrend ließ er ſich bei dem jungen Chef

melden und betrat das ſogenannte Arbeitszimmer, deſſen
Einrichtung allein mehr gekoſtet hatte, als ſonſt auf Arn-

ſtein die Haushaltung in einem ganzen Jahre erforderte.
Alfred ſaß am Pult und ſchien ziemlich erſtaunt, den Buch-

halter hier zu ſehen. Sein Privatzimmer liebte er wie
nur die verwöhnteſte Frau ihr Boudoir, die Fabrikangeſtel-

ten durften es nie betreten.

„Nun, Evers?“ fragte er kurz. „Sie tönnen ſich

Der Buchhalter ſchien die letzten Worte nicht gehört zu

haben. „Heute Morgen iſt der alte Behrens, einer von

den langjährigen Arbeitern Ihres Herrn Vaters, plötzlich
geſtorben,“ ſagte er ohne alle Einleitung, „der Weber,
deſſen Familie im Hinterhauſe wohnt. Die Leute haben
im Augenblick kranke Kinder und -„
Alfred winkte verdrießlich. „Eine Bettelei, ich höre es
ſchon. Geben Sie das erwünſchte Almoſen, Evers, und
theilen Sie den Leuten mit, daß ich dergleichen nicht liebe.
Es mag eine Krankenkaſſe errichtet werden, auf meine
Koſten immerhin, aber ich laſſe mich berſönlich nicht be-
läſtigen. Was weiter?“ꝰ
Evers zeigte unverhüllt den Spott, der ſeine Seele

ö durchfluthete. „Verzeihung, Herr Bornau „aber Sie be-
liebten mir in die Rede zu fallen.

Es war von einer
„Bettelei“ überhaupt gar nicht geſprochen worden.“
Ein hochmüthiger Blick traf den ſeinen. „Nun —
was wäre es denn ſonſt?“
Evers blieb eiskalt. „Es fehlt an Platz für die Leiche,
Herr Bornau. Früher war das kleine Zimmer neben die-
ſem als Todtenkammer benutzt, der Weber bittet alſo, ihm
auch jetzt die gewohnte Vergünſtigung zu Theil werden zu

laſſen..

Alfred ſchien einen Augenblick ſprachlos, dann fürbie
die Röthe des Zornes plötzlich ſein ganzes Geſicht. „Mein
Vater hätte wirklich dergleichen geduldete. rief er hefrn-
„Es iſt undenkbar.“
 
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