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Wahle, Ernst
Nachlass Ernst Wahle: Selbstdarstellung: Niedergeschrieben für die Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinisch Deutsche Akademie der Naturforscher zu Halle a. S. — Heidelberg, 1945

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https://doi.org/10.11588/diglit.6539#0025
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auf der Höhe seines Schaffens stehende O.Montelius,bei dem Kossinna
die Methoden der Prähistorie erlernt.Mit ihnen arbeitet er auch in
seinen völkisch gerichteten Veröffentlichungen,und so bauen seine

KL

Darstellungen der altgermanisehen Kulturhöhe wie des natiO|l*politi=-
sehen Gehaltes Q>haltas der germanischen Frühzeit im wesentlichen
nur auf einer vergleichenden GeräteKunde auf,Von der allgemeinen
patriotischen Basis aus stimmte ich in meiner Studienzeit diesen
Streben zu,das Kossinna erstmals im Jahre 1911 umreißt.Aber ich sah
damals noch nicht die Schwächen der nur um die Typologie kreisenden
Schau; es ist mir erst später auf gegangen, daß I^ontelius damals schon
längst von dem Dänen 3.Müller überflügelt worden war,welcher einer
lebendigeren Auffassung der archäologischen Formenwelt huldigte.Zu
ihm,den Kossinna recht abfällig beurteilte,und zu anderen habe ich
meinen Weg in der Folgezeit selber finden müisen.

Ich war also auf die Lauer nicht in der Lage,dieses Verharren
bei der Formenkunde zu billigen;bald nach der Rückkehr aus dem
Kriege beginnen meine Versuche,über eine derart einseitige,das ge-
schichtliche Leben nur teilweise widerspiegelnde Betrachtungsweise
hinaus zu kommen,Dieses Streben verstärkt sich infolge der ^eobach*
tung,daß die Geschichtswissenschaft den Argumenten Kossinnas nicht
nennenswert beipflichtet.La die Historiker trotzaem eine deutliche
Neigung zu erkennen geben,die Ergebnisse der Prähistorie zu benutz»
en,so bin ich nun bemüht,die Ursache dieses Versagens gegenüber den
IJachbargebieten bei ihr selbst zu suchen. Ich finde sie in dem Feh-
len cier geschichtlichen Fragestellung, in der Versteifung auf neben-
sächliche Probleme und in der Beharrung bei einer um ihrer selbst
willen betriebenen Formenkunde. Rur zu oft scheint mir das Fach ei-
ne Wissenschaft des nicht Wissenswerten zu sein.Lern allen suche
ich nun entgegen zu arbeiten durch die .Besinnung auf den Charakter
der Prähistorie als einem Teil der Geschichtswissenschaft,dessen
Selbständigkeit gegenüber den anderen Zweigen der Historie sich nur
aus der Besonderheit ihrer—archäologischen— Methode ergibt.

Das Suchen nach Altertümern muß sich zum Suchen des Altertums
weiterbilden.Prähititorie ist nicht einfach Archäologie, sondern weit
mehr als sie;sie muß danach streben,die tragenden Kräfte der früh**
geschichtlichen Entwicklung in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung
zu stellen.Lemgemäß sind die Funde auf ihre urkundliche Aussage-
kraft hin sehr genau zu (r|püfen;es ist festzustellen,welche Bereiche
frühgeschichtlichen Lebens aus ihnen zu uns sprechen und welche an-
 
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