einverleibte (Tafel XXXII), oder ein so charakteristisches Stück des blühenden Rokokostils wie die
kleine Vitrine auf Tafel XX, so fand sie damit noch wenig Nachfolger. Wie sicher die rheinische
Tischlerkunst des Spätbarock auch die Einlegearbeit am Furniermöbel zu handhaben verstand, das
zeigt in dieser Sammlung das stattliche Möbel auf Tafel XXXI, eine Verbindung von Schreibtisch
und Kabinettschrank, wahrscheinlich ein Werk der Trierer Schule, die in der Einrichtung der dor-
tigen Domschatzkammer ein verwandtes und ansehnliches Denkmal hinterlassen hat.
Auf keramischem Gebiet gab es bekanntlich für die Kölner Sammler eigentlich nur ein Ziel:
das rheinische Steinzeug. Krugsammlungen gab es in Menge, man braucht nur die Namen Garthe,
Disch, v. Oppenheim, Stein, Thewalt zu nennen. Und nichts hat dort so sehr den Geschmack für
das blanke glatte Porzellan zurückgehalten, wie die allgemeine und entschiedene Vorliebe für das
kraftvolle, aber derbe Steinzeug, das urwüchsige Erzeugnis der rheinischen Töpfer. Denn mit den
Krügen und Eichenmöbeln war das elegante Porzellan niemals in Einklang zu bringen. Davon hat
die Sammlung Seligmann jahrelang still und emsig Nutzen gezogen und als eine der frühesten Por-
zellansammlungen im Rheinland sich eine Sonderstellung verschafft.
Auf Einzelheiten soll in diesem kurzen Geleitswort nicht weiter eingegangen werden; da jedoch
gerade die hervorragendsten Porzellangruppen der Sammlung Seligmann die nur scheinbar gelösten,
in Wahrheit noch sehr strittigen Prägen nach den Meistern der Ludwigsburger Porzellanplastik wie-
der aufwerfen, so ist ihre Berührung an dieser Stelle nicht zu umgehen. Die beiden LudwigsburgerRallett-
gruppen (Tafel XIII), die in jeder Wendung und Beugung dafür Zeugnis ablegen, wie streng die offizielle
Rühnentanzkunst bis in unsere Tage an der alten höfischen Überlieferung festgehalten hat, sind nicht
nur durch die Komposition, die treue Wiedergabe der Theatertracht und die kecke Bemalung aus-
gezeichnet, sondern auch durch ihre große Seltenheit bemerkenswert. Sie sind weder im Katalog
der außerordentlich reichen Ludwigsburger Sammlung des Stuttgarter Altertümermuseums erwähnt,
noch in dem „Album x\ltludwigsburg" von Wanner-Brandt zu finden, das die Plastik der württem-
bergischen Manufaktur auf Grund der großen Ausstellung von 1905 fast vollständig vorführt. Es be-
steht indessen kein Zweifel, daß sie mit den bekannten Ludwigsburger Einzelfiguren von Tänzern
in Ballettkostümen und mit der reizenden dreifigurigen Ballettgruppe zusammengehören, die in vielen
öffentlichen und privaten Sammlungen zu sehen sind. Die letzteren werden in dem Stuttgarter Ka-
talog von Leo Balet einem Obermodellmeister Pustelli zugeschrieben, der von 1750—62 in Ludwigs-
burg tätig gewesen sein soll. Ein Ludwigsburger Modellmeister Pustelli hat jedoch nicht existiert;
er ist lediglich einem Mißverständnis Pfeiffers entsprungen, der in Ludwigsburger Akten den Namen
des damals noch wenig bekannten, seither so berühmt gewordenen Obermodellmeisters Bastelli oder
Bustelli von Nymphenburg erwähnt fand. Wir müssen, um der Wahrheit die Ehre zu geben, fest-
stellen, daß der Name des Meisters der Ludwigsburger Ballettgruppen noch vollkommen unbekannt ist,
und daß wir bisher noch kein Mittel haben, diese Figurenfolge mit einem der wirklich für Ludwigsburg
beglaubigten Porzellanplastiker in Verbindung zu bringen. Mit dem Hauptmeister der Fabrik, Wil-
helm Beyer, haben sie offenbar nichts zu schaffen; denn dessen von den Ballettfiguren grundver-
schiedener Stil ist an einer langen Reihe gesicherter Arbeiten deutlich genug zu verfolgen. Seinen
frühen, noch vorklassifistischen Stil veranschaulichen in der Sammlung Seligmann außer der opfern-
den Bacchantin auf Tafel XV der flötende Hirt und sein weibliches Gegenstück auf Tafel XIV;
seine spätere Art die Figuren der Venus und Pomona auf Tafel XV. Der Hirt ist zwar durch die
willkürliche Meisterbestimmung in L. Balets Katalog wieder dem vermeintlichen Pustelli zugefallen,
während seine zugehörigen Seitenstücke, ein Fischerpaar, dem als Porzellanmodelleur fast ebenso
unbeglaubigten Bildhauer Lejeune zugeschrieben wurden. Da jedoch die Haltung des Hirten unter
den für Wilhelm Beyer gesicherten Musikanten und mythologischen Figuren mehrfach genau wie-
derkehrt, wie in den Amtlichen Berichten der Berliner Museen (XXXVII, Heft 6, 1916) näher aus-
geführt ist, so kann über Beyers Urheberschaft kein Zweifel bestehen. Dagegen gibt es nicht eine
einzige Porzellanfigur, die mit einigermaßen haltbaren Gründen auf den Akademieprofessor Lejeune
zurückgeführt werden könnte. Daher ist auch dieser Name wieder auszuschalten.
Nachdem man erkannt hat, daß die vorklassizistischen Porzellanfiguren das Wollen und Ver-
mögen der deutschen Plastik oft viel unmittelbarer, freier und vielseitiger ausdrücken, als die großen
Skulpturen dieser Zeit, hat die Feststellung des Werkes der führenden Meister wie Kändler, Melchior,
Beyer, Bastelli, Link und Grassi kunstgeschichtliche Bedeutung gewonnen. Aus diesem Grund ist
auch hier die Gelegenheit, weit verbreitete und immer wiederholte Irrtümer zu berichtigen, nicht
unbenützt gelassen.
BERLIN, 23. Dezember 1916.
DR. VON FALKE.
kleine Vitrine auf Tafel XX, so fand sie damit noch wenig Nachfolger. Wie sicher die rheinische
Tischlerkunst des Spätbarock auch die Einlegearbeit am Furniermöbel zu handhaben verstand, das
zeigt in dieser Sammlung das stattliche Möbel auf Tafel XXXI, eine Verbindung von Schreibtisch
und Kabinettschrank, wahrscheinlich ein Werk der Trierer Schule, die in der Einrichtung der dor-
tigen Domschatzkammer ein verwandtes und ansehnliches Denkmal hinterlassen hat.
Auf keramischem Gebiet gab es bekanntlich für die Kölner Sammler eigentlich nur ein Ziel:
das rheinische Steinzeug. Krugsammlungen gab es in Menge, man braucht nur die Namen Garthe,
Disch, v. Oppenheim, Stein, Thewalt zu nennen. Und nichts hat dort so sehr den Geschmack für
das blanke glatte Porzellan zurückgehalten, wie die allgemeine und entschiedene Vorliebe für das
kraftvolle, aber derbe Steinzeug, das urwüchsige Erzeugnis der rheinischen Töpfer. Denn mit den
Krügen und Eichenmöbeln war das elegante Porzellan niemals in Einklang zu bringen. Davon hat
die Sammlung Seligmann jahrelang still und emsig Nutzen gezogen und als eine der frühesten Por-
zellansammlungen im Rheinland sich eine Sonderstellung verschafft.
Auf Einzelheiten soll in diesem kurzen Geleitswort nicht weiter eingegangen werden; da jedoch
gerade die hervorragendsten Porzellangruppen der Sammlung Seligmann die nur scheinbar gelösten,
in Wahrheit noch sehr strittigen Prägen nach den Meistern der Ludwigsburger Porzellanplastik wie-
der aufwerfen, so ist ihre Berührung an dieser Stelle nicht zu umgehen. Die beiden LudwigsburgerRallett-
gruppen (Tafel XIII), die in jeder Wendung und Beugung dafür Zeugnis ablegen, wie streng die offizielle
Rühnentanzkunst bis in unsere Tage an der alten höfischen Überlieferung festgehalten hat, sind nicht
nur durch die Komposition, die treue Wiedergabe der Theatertracht und die kecke Bemalung aus-
gezeichnet, sondern auch durch ihre große Seltenheit bemerkenswert. Sie sind weder im Katalog
der außerordentlich reichen Ludwigsburger Sammlung des Stuttgarter Altertümermuseums erwähnt,
noch in dem „Album x\ltludwigsburg" von Wanner-Brandt zu finden, das die Plastik der württem-
bergischen Manufaktur auf Grund der großen Ausstellung von 1905 fast vollständig vorführt. Es be-
steht indessen kein Zweifel, daß sie mit den bekannten Ludwigsburger Einzelfiguren von Tänzern
in Ballettkostümen und mit der reizenden dreifigurigen Ballettgruppe zusammengehören, die in vielen
öffentlichen und privaten Sammlungen zu sehen sind. Die letzteren werden in dem Stuttgarter Ka-
talog von Leo Balet einem Obermodellmeister Pustelli zugeschrieben, der von 1750—62 in Ludwigs-
burg tätig gewesen sein soll. Ein Ludwigsburger Modellmeister Pustelli hat jedoch nicht existiert;
er ist lediglich einem Mißverständnis Pfeiffers entsprungen, der in Ludwigsburger Akten den Namen
des damals noch wenig bekannten, seither so berühmt gewordenen Obermodellmeisters Bastelli oder
Bustelli von Nymphenburg erwähnt fand. Wir müssen, um der Wahrheit die Ehre zu geben, fest-
stellen, daß der Name des Meisters der Ludwigsburger Ballettgruppen noch vollkommen unbekannt ist,
und daß wir bisher noch kein Mittel haben, diese Figurenfolge mit einem der wirklich für Ludwigsburg
beglaubigten Porzellanplastiker in Verbindung zu bringen. Mit dem Hauptmeister der Fabrik, Wil-
helm Beyer, haben sie offenbar nichts zu schaffen; denn dessen von den Ballettfiguren grundver-
schiedener Stil ist an einer langen Reihe gesicherter Arbeiten deutlich genug zu verfolgen. Seinen
frühen, noch vorklassifistischen Stil veranschaulichen in der Sammlung Seligmann außer der opfern-
den Bacchantin auf Tafel XV der flötende Hirt und sein weibliches Gegenstück auf Tafel XIV;
seine spätere Art die Figuren der Venus und Pomona auf Tafel XV. Der Hirt ist zwar durch die
willkürliche Meisterbestimmung in L. Balets Katalog wieder dem vermeintlichen Pustelli zugefallen,
während seine zugehörigen Seitenstücke, ein Fischerpaar, dem als Porzellanmodelleur fast ebenso
unbeglaubigten Bildhauer Lejeune zugeschrieben wurden. Da jedoch die Haltung des Hirten unter
den für Wilhelm Beyer gesicherten Musikanten und mythologischen Figuren mehrfach genau wie-
derkehrt, wie in den Amtlichen Berichten der Berliner Museen (XXXVII, Heft 6, 1916) näher aus-
geführt ist, so kann über Beyers Urheberschaft kein Zweifel bestehen. Dagegen gibt es nicht eine
einzige Porzellanfigur, die mit einigermaßen haltbaren Gründen auf den Akademieprofessor Lejeune
zurückgeführt werden könnte. Daher ist auch dieser Name wieder auszuschalten.
Nachdem man erkannt hat, daß die vorklassizistischen Porzellanfiguren das Wollen und Ver-
mögen der deutschen Plastik oft viel unmittelbarer, freier und vielseitiger ausdrücken, als die großen
Skulpturen dieser Zeit, hat die Feststellung des Werkes der führenden Meister wie Kändler, Melchior,
Beyer, Bastelli, Link und Grassi kunstgeschichtliche Bedeutung gewonnen. Aus diesem Grund ist
auch hier die Gelegenheit, weit verbreitete und immer wiederholte Irrtümer zu berichtigen, nicht
unbenützt gelassen.
BERLIN, 23. Dezember 1916.
DR. VON FALKE.