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II. Kapitel. Von der griechischen Ansiedelung bis zur Ptolemäerzeit

Eleusis

[= Euphamiden] von Theras durch dessen Sohn Samos oder Sesamos abzuleiten, entfernen
sich mehr vom Ursprünglichen, obwohl man es dahingestellt sein lassen kann, ob Sesamos (Samos)
der alte, westkleinasiatische Name von Thera war, so wie wir Membliaros (vergl. Gyaros,
Oliaros, Paros, Kinaros) als alten Namen von Anaphe kennen.

Absichtlich beschränke ich mich auf diese Andeutungen. Nach der glänzenden Dar-
stellung in Studniczkas „Kyrene", die ihr Urheber selbst in seinem gleichnamigen Artikel bei
Röscher weitergeführt hat, verspricht uns Ludolf Malten in seiner Dissertation Cyrenarum
origines Berolini 1904, eine neue kritische Behandlung dieser Fragen. Von ihm darf man
hoffen, daß er der Ueberlieferung und den urkundlich bezeugten Verhältnissen gerecht wird
und nicht den Zweifel, bloß weil er Zweifel ist, schon als Kritik ansieht.

Wir werden beim theräischen Königtum und beim Kult des Apollon Karneios auf
diese Dinge zurückkommen. Hier genügt das Ergebnis: Außer den Dörfern bestand auf
Thera eine nicht im Verbände der Phylen befindliche „Periökenbevölkerung", und diese stammte
aus Böotien. Ich fürchte mich ebensowenig wie O. Kern (Die Landschaft Thessalien und die
Geschichte Griechenlands 1904, 12 der Sonderausgabe), für sie die alten Namen „Minyer" und
„Kadmeer" anzuwenden und an die ehemals mächtigen, dann von den Thessalern, Böotern
und Dörfern unterdrückten und zersprengten Herren der Burgen von Iolkos, Orchomenos und
Theben zu denken. Wenn man sich aber an den Namen stößt, so schadet es auch nichts.
Hauptsache bleibt der große Unterschied von der ionischen Kolonisation der Kykladen: die
Ionier fanden meist Barbaren, Verwandte der Karer, und übernahmen gleich von ihnen die
„westkleinasiatischen" Inselnamen; die Dorier fanden schon Hellenen vor, und brauchten nur
die hellenischen Ortsnamen Thera und Anaphe sich anzueignen. Diese Griechen galten dann
freilich doch nicht als voll, man nahm sie gar nicht oder vielleicht nur teilweise in den Phylen-
verband auf, und so entstand der noch von Aristoteles bezeugte Gegensatz der mehr und
weniger Berechtigten, der Anlaß zur Auswanderung der Unzufriedenen, der Gründung von
Kyrene.

Verweilen wir noch etwas bei den vordorischen Ansiedlern. Hatten sie auch schon
ihre Hauptstadt auf dem schwer zugänglichen Messavuno? Eine müßige Frage, wird man
sagen — wer kann darauf mit ja oder nein antworten? Nun, ich will eine, gewiß proble-
matische, Erwägung hersetzen. Herodot nennt nicht eine Stadt, sondern sieben Orte (yfiqoL),
von denen die Kolonisation Libyens ausging. Diese Orte sind nicht alle zu benennen und
festzulegen. Einer wird im Norden gelegen haben, beim Kap Kulumbo, wo eine alte Nekropole
liegt; einer nahe der höchsten Stelle des Vulkanrandes, bei Phirostephani, wo wir das Heiligtum
der Göttermutter im IV. Jahrhundert und nicht weit das Temenos der Athena von „Skaros"
haben. Möglich, daß auch Oia, der Hafen am Nordfuße des Messavuno, schon so alt ist. Dazu
mag eine Ortschaft in der Nähe von Akrotiri und eine zwischen Megalochori und Emporion
hinzugekommen sein. Endlich giebt uns Ptolemaios den Namen Eleusin oder Eleusis, den wir
gewohnt sind, der künstlichen Hafenanlage am Südkap der Insel, Exomyti, der „Außennase",
gleichzusetzen.

Dort hat der Fleiß der englischen Seeoffiziere, welche im Jahre 1848 die Küsten ver-
maßen, einen großen Hafen mit zwei künstlichen, weit vorgeschobenen Molen festgestellt.
Schon vorher war er bekannt; Fürst Pückler redet im „Vorläufer" (1838, 349) von dem unter
den Wellen befindlichen sehr starken und tiefen, in das Meer hineinreichenden Molo, der
wiederhergestellt, diesem Teile der Insel den vorteilhaftesten Hafen verschaffen würde. An
dieser Stelle ist seinerzeit der König Ludwig von Bayern gelandet. Ludwig Roß bemerkt in
den Inselreisen I 69, daß man dort unter Wasser noch bedeutende Mauerreste sieht, und von
der Höhe des Vorgebirges herabblickend bei ruhigem Wetter die Gestalt des Hafendammes
 
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