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Hoernes, Moritz
Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa: von den Anfängen bis um 500 vor Christi — Wien: Druck und Verlag von Adolf Holzhausen, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.62929#0656

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628

Die Zeichnung der ersten Eisenzeit.

Nach Virchow, der gerne in Allem originelle naturalistische Darstellung
sieht, ist die Zeichnung auf diesem Gürtelblech eine Jagdscene und zugleich
ein Bild des wildesten Thiergetümmels in einer weiten Landschaft. „Da auch
auf diesem Blech keine erkennbare Vegetation, auch nichts von Bergen oder
Gewässern zu sehen ist, so kann man sich nach Belieben eine Steppe oder
unter Abstraction von Bäumen und Gesträuchen einen Wald denken.“ Virchow
fasst Alles ganz realistisch auf. „Der Jäger, der mit seinen Hunden von der
linken Seite eintritt, ist noch nicht in wirkliche Action getreten. Er hält den
Schild zum Schutze gegen ein Greifenpferd über den Kopf. Die Hunde stürzen
bellend auf die nächste Gruppe, die Hirsche; der eine der letzteren wendet
sich direct gegen die Hunde, von denen der eine vielleicht schon durch sein
Geweih verletzt ist; der andere, der bisher im Kampfe mit der nächstfolgenden
Gruppe der Büffelpferde gestanden, dreht den Kopf eben zurück gegen den
Jäger. Hinter der Reihe der Büffelpferde erblicken wir eine in entgegen-
gesetzter Richtung aufgestellte Reihe von wüthenden Greifenpferden, über
welchen ein Reiher fliegt: die realistischen Thiere, Steinböcke, Pferde fliehen,
ein Hund scheint verwundet zu sein — Alles drängt vorwärts, stösst aber von
Neuem auf eine ganze Linie von Greifenpferden, welche mit zum Biss bereiten
Schnäbeln hervorstürzen. Dann wendet sich wieder die Scene zu einer Reihe
von Hirschen und Steinböcken, welche vorwärts springen, nach der anderen
Seite zu, gegen eine neue Reihe von Büffelpferden.“
Wir sehen nur, dass die Thiere laufen und zum Theil die Köpfe um-
wenden; allein keines packt das andere, keines sinkt zusammen, nirgends sind
die Glieder verschränkt, und wenn man über den ersten Eindruck der Tur-
bulenz, den dieses Gürtelblech mit seinen vier Thierreihen allerdings macht,
hinausgekommen ist, so erkennt man weniger eine wilde Jagd als eine wilde
Unordnung und ist geneigt, nach den Vorbildern einer solchen Kunst zu fragen.
Diese Vorlagen dürften verschiedene Fortbildungen ermöglicht haben, und eine
davon mag in dem Stücke Nr. I, eine andere in dem Stücke Nr. II vertreten
sein. Je verschiedener diese beiden Zeichnungen sind, desto besser gestatten
sie uns, den Abstand dieser Nachbildungen von ihren Vorbildern zu er-
messen.
Aus einem Grabe der Arnoaldistufe (600—500) beim Arsenal zu Bologna
stammt eine bauchige goldene Kahnfibel mit geschlossenem Bügel und nach
vorne und rückwärts gleichlanger Nadelrinne (ein älterer Typus der Kahn-
fibel'),1) wahrscheinlich ein etruskisches Fabrikat. Bügel und Fuss sind in
„lavoro granulato“ verziert, der letztere mit zwei gegeneinandergekehrten Doppel-
spiralen, der erstere mit einem Gewimmel sich auf bäumender oder einfach
laufender und umblickender Thiere, welches mit der Thiercomposition dieses
und des folgenden Gürtelbleches die grösste stilistische Aehnlichkeit zeigt. Man
darf annehmen, dass diese Arbeit, wenn sie nicht ein directes Importstück war,
nach ähnlichen Vorbildern hergestellt ist, wie sie den Zeichnungen auf trans-
kaukasischen Gürtelblechen zu Grunde lagen. Als Heimat dieser Vorbilder

0 Montelius, Civ. prim, en Italie I, A, Taf. VI, Fig. 50; B, Taf. LXXXVII, Fig. 14.
 
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