Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
rügen aus dem 15. Jahrhundert bekannt gewordenen Beispiele beurteilen läßt, in
der Folge im wesentlichen konstant.79

Eine besondere Form der Buchillustration bildeten die zum Einkleben in
Bücher hergestellten Einblatlholzschnitte, die eine preiswerte Alternative zu her-
kömmlichen Miniaturen darstellten. Zwei in Süddeutschland entstandene kolo-
rierte Exemplare mit der Darstellung des Schneewunders sind jeweils als Unikat
in der Graphischen Sammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürn-
berg80 sowie in der Public Library in New York81 erhalten geblieben. [Abb. 62; 63]
Die beiden Drucke sind 1452-1455 beziehungsweise um 1460 zu datieren.82 Sie
sind damit die ältesten bildlichen Belege für die Rezeption der Schneewunderle-
gende nördlich der Alpen und bestätigen darüber hinaus das aus den Quellen seit
den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts auch für diesen Kulturkreis nachweis-
bare gesteigerte Interesse am Thema der Maria Schnee.83

Bei dem Nürnberger Exemplar nimmt eine aus einzelnen Architekturmotiven
kompilierte Darstellung einer von starken Mauern umgebenen Stadt ungefähr
drei Fünftel des hochformatigen Blattes ein,84 ein imaginäres Bild Roms. [Abb. 62]

79 Van Os 1968, S. 28-31, bringt noch zwei weitere Sieneser Beispiele, die 1464 entstan-
dene S-Initiale in einem Antiphonar des Convento dell'Osservanza, als deren Schöpfer
inzwischen der sog. „Quarto Miniatore degli Antifonari" gilt (Cod. 4, S. 161; das Anti-
phonar wurde ausführlich beschrieben von Alessi 1982, S. 240-242), und eine nicht da-
tierte C-Initiale im Brevier Petroni/Castellani aus der Werkstatt Sano di Pietros (Siena,
Biblioteca Comunale degli Intronati, ms X. IV. 2, fol. 385; vgl. die Beschreibung des Bre-
viers von Benati 1982), sowie eine weitere Miniatur aus Florenz, die früher Lorenzo
Rosselli zugeschriebene, zwischen 1458-61 entstandene S-Initiale in einem Antiphonar
des Klosters Monte Oliveto Maggiore [Abb. 61] (Chiusi, Kathedrale, cor. L., fol. 127; vgl.
Levi D'Ancona 1962, S. 169-170).

80 Vgl. Schreiber III, S. 31, Nr. 1251a, der das Blatt als Kopie nach einer italienischen,
womöglich venezianischen Vorlage ansieht. Er verzeichnet diesen Holzschnitt irrtüm-
lich unter dem Titel „Unglück fällt vom Himmel herab"; vgl. Schreiber IV, S. 87-88, Nr.
1929m. Reste der alten Farbigkeit in Rot und Schwarz sind noch erkennbar.

81 New York Public Library, De Ricci, MS. 77: „Eine Vorrede. Das Puch haist wochenlich
Andacht zu seligkait der weltlichen Menschen", S. 26. Der Holzschnitt (72 mm x 59 mm)
ist - neben zahlreichen anderen - nicht eingeklebt, sondern direkt in den Handschrif-
tenband gedruckt; vgl. Weitenkampf 1934, S. 921-924. Neben dem Holzschnitt steht das
im QA-III.2. abgedruckte Bittgebet an die Maria Schnee.

82 Schreiber III, S. 31, Nr. 1251a, hatte den Nürnberger Holzschnitt noch „um 1475" da-
tiert. Die hier mitgeteilte, relativ präzise Datierung folgt dagegen einer Notiz Gerhard
Piccards, der die Wasserzeichen des verwendeten Papiers nur für diesen recht kurzen
Zeitraum nachweisen konnte; vgl. die handschriftliche Notiz Piccards auf dem Passepar-
tout GNm.N. - Graphische Sammlung, Kapsel 1450. Die von Weitenkampf 1934, S. 923,
für das New Yorker Exemplar vorgeschlagene Datierung „um 1450" liegt aufgrund von
dessen Abhängigkeit von dem Nürnberger Druck etwa zehn Jahre zu früh.

83 Vgl. Kap. 4.1.

84 Das von einer Doppeleinfassung gerahmte Blatt ist entlang des rechten Randes zer-
stört. Es mißt heute 142 mm x 95 mm; vgl. Schreiber IV, S. 87, Nr. 1929m.

149
 
Annotationen