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Der Katalog des Pollux.
Weit weniger zahlreich, und, wie ich fürchte, auch weniger unmittelbar überzeugend
sind die Fälle, wo bei den Frauenmasken eine ähnliche Übereinstimmung mit der Beschreibung
des Pollux zu erkennen ist. Im Truculentus kommt eine Hetärensklavin vor, das Astaphium.
Diese würde nach Pollux in der Maske des παράψηϋτον zu spielen sein. Nun droht ihr der
Truculentus V. 287 f.: iam hercle ego istos fictos co mp ositos crispos cincinnos tuos
unguentatos usque ex cerebro exvellam. Das scheint der Beschreibung des Pollux zu wider-
sprechen, nach der diese Maske gescheiteltes und glatt gestrichenes Haar hatte. Aber die beiden
oben (S. 37) nachgewiesenen Darstellungen zeigen mit dieser Frisur lose hinter den Ohren herab-
fallende Haare verbunden, die bei der Neapler Maske in der Tat runde Locken bilden. Wo im
Miles Acroteleutium als matrona, also als λεκτική oder ούΑ;, ausstaffiert werden soll, heißt es
V. 791 f. itaque eam huc ornatam adducas, ex matronarum modo, capite compto, crinis vittasque
habeat-, aber diese Wendung ist so allgemein, daß sich nichts daraus entnehmen läßt. Im Eunuchen
rühmt Chaerea an der Pamphila den color verus, V. 318. Das würde dem άκαλλώπιοτον des
Pollux in der Schilderung des έταιρίδιον ώραΐον entsprechen. Aber Pamphila ist stumme Person
und trat daher wahrscheinlich auch bei Menander ohne Maske auf1. Noch weniger darf aus
Mostellaria V. 258 ff., selbst wenn diese Verse aus dem griechischen Original stammen sollten,
geschlossen werden, daß dort Philematium als έταιρίδιον ώραΐον auftrat, da sie ihrem ganzen
Charakter nach ein τέλειον εταιρικόν oder eine διάχρυϋος ist.
Ist also auch die Ausbeute bei den Frauenmasken minimal, so findet sich doch andrer-
seits auch nichts, was den Angaben des Pollux widerspräche. Die weitgehende Übereinstimmung
bei den Männermasken aber zeigt, daß in der Blütezeit der νέα wirklich mit solchen Masken
gespielt worden ist. Da nun aber, wie wir oben (S. 53) sahen, diese Maskengarderobe ein einheit-
liches, auf einem wohldurchdachten System beruhendes Ganzes bildet, so dürfen wir einerseits
schließen, daß sie so gut wie vollständig ist, andrerseits, daß sie keine oder höchstens nur die
eine oder andere Maske enthält, die erst in späterer, etwa römischer Zeit hinzugekommen ist.
Das alles führt darauf, daß sie auf eine Quelle zurückgeht, die der Blütezeit der neueren Komödie
zeitlich sehr nahe stand.
Ehe wir aber die weitere Frage nach dem Verfasser stellen, möchte ich noch auf die merk-
würdige Übereinstimmung hinweisen, die in einigen Punkten zwischen diesem Maskenverzeichnis
und den beiden peripatetischen Traktaten über Physiognomik obwaltet, die uns unter Aristoteles’
Namen überliefert sind2. Der erste dieser Traktate vertritt im neunten Kapitel (p. 806 b) die Ansicht,
daß weiches Haar auf Feigheit, hartes auf Stärke deutet: τα δέ τριχώματα τά μεν μαλακά δειλόν,
τά ϋκληρά άνδρεΐον und begründet dies unter anderen durch den Hinweis auf die Nord- und die
Südländer. Legt schon dies die Vermutung nahe, daß nach der Meinung des Verfassers hartes
Haar in der Regel blond, weiches schwarz ist, so wird dies zur Gewißheit durch den Satz in
b S. die Statisten auf dem Bilde aus casa della fontana grande (S. 5 Fig. 7—9, S. 22 Fig. 48—50).
2) S. R. Foerster Scriptores physiognomici I p. XVIII ff.
Der Katalog des Pollux.
Weit weniger zahlreich, und, wie ich fürchte, auch weniger unmittelbar überzeugend
sind die Fälle, wo bei den Frauenmasken eine ähnliche Übereinstimmung mit der Beschreibung
des Pollux zu erkennen ist. Im Truculentus kommt eine Hetärensklavin vor, das Astaphium.
Diese würde nach Pollux in der Maske des παράψηϋτον zu spielen sein. Nun droht ihr der
Truculentus V. 287 f.: iam hercle ego istos fictos co mp ositos crispos cincinnos tuos
unguentatos usque ex cerebro exvellam. Das scheint der Beschreibung des Pollux zu wider-
sprechen, nach der diese Maske gescheiteltes und glatt gestrichenes Haar hatte. Aber die beiden
oben (S. 37) nachgewiesenen Darstellungen zeigen mit dieser Frisur lose hinter den Ohren herab-
fallende Haare verbunden, die bei der Neapler Maske in der Tat runde Locken bilden. Wo im
Miles Acroteleutium als matrona, also als λεκτική oder ούΑ;, ausstaffiert werden soll, heißt es
V. 791 f. itaque eam huc ornatam adducas, ex matronarum modo, capite compto, crinis vittasque
habeat-, aber diese Wendung ist so allgemein, daß sich nichts daraus entnehmen läßt. Im Eunuchen
rühmt Chaerea an der Pamphila den color verus, V. 318. Das würde dem άκαλλώπιοτον des
Pollux in der Schilderung des έταιρίδιον ώραΐον entsprechen. Aber Pamphila ist stumme Person
und trat daher wahrscheinlich auch bei Menander ohne Maske auf1. Noch weniger darf aus
Mostellaria V. 258 ff., selbst wenn diese Verse aus dem griechischen Original stammen sollten,
geschlossen werden, daß dort Philematium als έταιρίδιον ώραΐον auftrat, da sie ihrem ganzen
Charakter nach ein τέλειον εταιρικόν oder eine διάχρυϋος ist.
Ist also auch die Ausbeute bei den Frauenmasken minimal, so findet sich doch andrer-
seits auch nichts, was den Angaben des Pollux widerspräche. Die weitgehende Übereinstimmung
bei den Männermasken aber zeigt, daß in der Blütezeit der νέα wirklich mit solchen Masken
gespielt worden ist. Da nun aber, wie wir oben (S. 53) sahen, diese Maskengarderobe ein einheit-
liches, auf einem wohldurchdachten System beruhendes Ganzes bildet, so dürfen wir einerseits
schließen, daß sie so gut wie vollständig ist, andrerseits, daß sie keine oder höchstens nur die
eine oder andere Maske enthält, die erst in späterer, etwa römischer Zeit hinzugekommen ist.
Das alles führt darauf, daß sie auf eine Quelle zurückgeht, die der Blütezeit der neueren Komödie
zeitlich sehr nahe stand.
Ehe wir aber die weitere Frage nach dem Verfasser stellen, möchte ich noch auf die merk-
würdige Übereinstimmung hinweisen, die in einigen Punkten zwischen diesem Maskenverzeichnis
und den beiden peripatetischen Traktaten über Physiognomik obwaltet, die uns unter Aristoteles’
Namen überliefert sind2. Der erste dieser Traktate vertritt im neunten Kapitel (p. 806 b) die Ansicht,
daß weiches Haar auf Feigheit, hartes auf Stärke deutet: τα δέ τριχώματα τά μεν μαλακά δειλόν,
τά ϋκληρά άνδρεΐον und begründet dies unter anderen durch den Hinweis auf die Nord- und die
Südländer. Legt schon dies die Vermutung nahe, daß nach der Meinung des Verfassers hartes
Haar in der Regel blond, weiches schwarz ist, so wird dies zur Gewißheit durch den Satz in
b S. die Statisten auf dem Bilde aus casa della fontana grande (S. 5 Fig. 7—9, S. 22 Fig. 48—50).
2) S. R. Foerster Scriptores physiognomici I p. XVIII ff.