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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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INNEN-DEKORATION.-

Zu den Abbildungen diefes Reffes.

Von Prof. Henry van de Velde, Berlin, finden
sich auf Seite 25—27 einige Werke; mit
diesen gibt der Künstler gewissermassen nur seine
»Visiten-Karte« ab, um später in der von ihm selbst
redigierten Heft-Serie, welche ja bereits mit dem
nächsten Februar-Heft ihren Anfang nimmt, sein
Renaissance-Programm in Bild und Wort eingehend
zu entwickeln. — Immer eindringlicher redet die
Sprache dieses kühnen, niemals entmutigten Re-
formers und trotzigen Revolutionärs. Schon kann
ihn niemand mehr ignorieren, der mit der Zeit fort-
schreiten will. Man muss sich mit ihm auseinander-
setzen, so oder so, und das ist es, was van de Velde
eine so wichtige Stelle zuweist. Schon wird er
massenhaft nachgeahmt, im Grossen und im Kleinen,
ja es ist fast so weit, dass neben dem ominösen
»Jugend-Geschmacke« bereits der Ausdruck »Van
de Veldes-Stil« sprichwörtlich wird für allerlei Linien-
Missgebilde, die mit ihrem Urbilde im Grunde nichts
mehr gemein haben als eine gewisse Fremdartigkeit,
die bei dem Meister berechtigt als Beweis dafür,
dass er neues Land erobert hat, die aber bei dem
oberflächlichen Nachahmer lächerlich wirkt. Allein
die massenhafte Nachahmung beweist zur Genüge,
dass van de Velde ein entscheidender Faktor der
neuzeitlichen Entwickelung geworden ist, und so
darf es wohl als ein bedeutsamer Fortschritt in der
Erfüllung des der »Innen-Dekoration« von ihrem
Herausgeber gesetzten Programmes gelten, wenn
diese nunmehr ihren Lesern Gelegenheit gibt un-
mittelbar aus der frischsprudelnden Quelle des
Denkens und Schaffens dieses Künstlers zu schöpfen.
Von ihm, wie von den anderen, ihm nahestehenden
Künstlern, welche gegenwärtig in Europa in führen-
der Weise in die Ausgestaltung des Hauses ein-
greifen, wird hier zuerst und in sorgfältiger Auswahl
das geboten werden, was für vorbildlich gelten kann.

Zu diesem Künstler gehört auch der Wiener
Professor Joseph Ho ff mann. Hervorgegangen aus
der »Wagner-Schule« hat er sich nunmehr zu einer
klar ausgesprochenen Eigenart durchgerungen, die
vornehmlich jetzt zu Tage tritt, wo die von ihm
auf der »Hohen Warte« bei Wien zu erbauende
Villen-Kolonie Hoffmann Gelegenheit gibt sich nach
allen Seiten hin zu entfalten, soweit dies innerhalb
der bürgerlichen Wohnhaus-Architektur eben mög-
lich ist. Wir bringen hier einige Proben dieser
interessanten Neu-Schöpfungen, welche gewisser-
massen als Vorläufer einer grösseren Sonder-
Publikation über Joseph Hoffmann anzusehen sind,
die wir später veröffentlichen werden.

Ohne Zweifel hat Hoffmann manche frucht-
bare Anregung von britischen und schottischen
Innen-Architekten empfangen, die ja schon öfters
erfolgreiche Ausstellungen in Wien veranstaltet
haben, namentlich der geniale schottische Gewerbe-
Künstler Charles Rennie Mackintosh dürfte den
jungen Wienern manche neue und weite Perspek-
tiven erschlossen haben. Und wenn andere Wiener
so weit gegangen sind, dass sie schottische Arbeiten
direkt nachahmten, so muss man diesen Räumen
Hoffmann's gegenüber konstatieren, dass es dem
Architekten gelungen ist, die ihm gewordenen An-
regungen fast restlos in sich zu verarbeiten und
mit Eigenem zu einem kraftvoll-einfachen Karakter
weiterzubilden. Hervorzuheben ist auch, dass diese
Hoffmann'schen Räume trotz ihrer äussersten Ein-
fachheit doch niemals nüchtern und kahl wirken,
wie ähnliche Schöpfungen modernster schottischer
und holländischer Künstler. Der lebensfrohe, in
alles Intime und »Mollige« verliebte Sinn des
Wieners macht sich da geltend, so dass wir immer
eine wohnliche Wirkung finden; sogar gute alte
Möbel vertragen sich sehr hübsch mit diesen Hoff-
mann'schen Einrichtungen, die eben aus ehrlichem,
gesundem Empfinden geboren sind und nichts
anderes sein wollen als gut bürgerliche Stuben und
die in der völligen Erfüllung gerade dieses Zweckes
ihre Vornehmheit erblicken.

Deshalb betreten wir ein ganz anderes Gebiet,
sobald wir uns dem Speise-Zimmer von Professor
Peter Behrens zuwenden, welches im Parterre des
von Behrens auf der Mathilden-Höhe zu Darmstadt
errichteten Hauses während der Ausstellung der
»Künstler-Kolonie« im verflossenen Sommer alle
Besucher entzückte. Behrens hat sich hier mit vollem
Bewusstsein die Aufgabe gestellt, zu beweisen, dass
unsere neue Kunst auch das Prächtige beherrscht,
dass sie bereits reif und fähig ist, auch den Palast
auszugestalten. Er sagte selbst im Vorworte seines
Kataloges, dass die Anlage seines Hauses »von
einer geistigen und verfeinerten Lebens-Anordnung
diktiert ist«. Wenn irgend, so hat Behrens in
diesem prachtvollen Speise-Zimmer diese Aufgabe
gelöst. Der Fussboden in Stiften - Mosaik von
Villeroy & Boch in Mettlach gab in seiner zart-
braunen Tönung eine sehr gute Basis für die weiss
lackierten Möbel aus Pappel-Holz von /. D. Hey-
mann in Hamburg. Die Beleuchtungs-Körper, ver-
silbert und mit reichem Prismen-Behang versehen,
hatte K. M. Seifert & Co. in Dresden geliefert.
Zu diesem Grund-Akkord von Silber und Weiss,
 
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