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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Van de Velde, Henry: Das Museum "Folkwang" in Hagen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0261

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INNENDEKORATION

XIII. 3HHRGHI1G. Dcirmffcidt 1902. OKTOBER-HeFT.

Das ITluIeuin „Folkwang" in Beigen,

Äls Herr Karl Ernst Osthaus mich bat, mich mit
/ \ der inneren Einrichtung des Museums, dessen
1 \ Bau seinem Ende entgegen ging, zu be-
fassen, war ich wohl berechtigt, mit einigem Zögern
auf diesen Vorschlag einzugehen. Ich erkannte
sogleich, dass das Gelingen eines solchen Werkes
zweifelhaft wäre, und dass die Summe von Arbeit,
welche eine derartige Ausführung mit sich bringt,
in keinem Verhältnis zu ihrer End-Wirkung stehen
könne. In der That trug Herr Karl Ernst Osthaus
mir nichts geringeres an, als einen bestimmten,
vernunftgemäßen und modernen Organismus in
einem (wie ich sogleich beim Anblick der mir vor-
gelegten Pläne erkannte) unbestimmten, vernunft-
losen, in deutscher Renaissance stilisierten Gerippe
unterzubringen. Ich erkannte hierin das in Deutsch-
land für alle derartigen Bauten zur Gewohnheit
gewordene Schema, dessen Haupt-Inhalt anscheinend
nur eine grosse, pompöse, in einem Wald von Säulen
aufsteigende Freitreppe ist, statt in einer Art Labo-
ratorium zu bestehen, in dem die Gegenstände ein-
fach und in einer solchen Umgebung dem Publikum
vorgeführt werden, dass kein Zweifel über das ent-
stehen kann, was man von dem Besucher dieses Ortes
erwartet, d. h. eine wirklich aufrichtige Wissbegierde.

Ich sah vorher, dass wenn ich diese Arbeit
annähme, bei dem Publikum ein Irrtum über meinen

1902. X. 1.

Begriff eines Museums entstehen würde, denn es
war augenscheinlich, dass der Bau keine Möglich-
keit bot, mich meinem Ideal auch nur zu nähern.
— Aber ich hatte da einen Mann vor mir, dessen
Begeisterung für den entstehenden modernen Stil
so aufrichtig war, dass sie alle jene Bedenken rasch
in mir erstickte. Ich freute mich über solche
Errungenschaft und malte mir die glückliche Wirk-
ung aus, die er mit seinem Museum ausüben würde;
ich dachte an den Vorteil, welcher daraus nicht allein
für den neuen Stil, sondern für jeden Ausdruck der
modernen Kunst, entstehen würde. — Um offen
und unehrerbietig zu reden, (und das ist immer
der Fall, dass die Unehrerbietigkeit die Offenheit
ergänzt), »die Braut war zu schön«.

Ich unternahm folglich die Reise, nahm den
Bau, den man gerade unter Dach brachte, in Augen-
schein und willigte ein, ihn innen auszustatten und
zu möblieren. — An den folgenden Tagen, während
ich in dem Bau auf den schwanken Brettern umher-
irrte und mich an den Gerüst-Leitern, die durch die
verschiedenen Stockwerke führten, festklammerte,
dachte ich sehr ernst nach. Vom Grunde des Kellers
aus konnte ich noch den Himmel sehen, welcher
durch das Gewirr von Balken leuchtete und auf
den der Rauch von hundert Fabrik-Schloten seine
vergänglichen Ornamente malte; und ich fühlte,
 
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