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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Hermann Kirchmayr, Silz (Tirol)
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INNENDEKORATION

XIII. SflHRGHIlG. Dcirmffcidt 1002. mARZ-HEFT.

Bermann Kirchmayr^SHz (Tirol).

Die ersten in Deutschland öffentlich auftau-
chenden Arbeiten, welche auf einer anderen
Anschauung und Behandlung der ornamen-
talen Formen welt beruhten, als sie sich in den
immer wieder angestrebten Neu-Auflagen von
»Unserer Väter Werke« geltend macht, wiesen im
weitaus grösseren Teile auf ein erneutes, tief ein-
greifendes Studium der Natur hin. Mit Zierformen, mit
ornamentalem Flächenschmuck allein schafft man
aber noch keine neue Ausdrucksweise. Die Sprache
braucht ausser dem »Epitheton ornans« auch des
organischen Aufbaues. Nur wo dieser in allen seinen
Konsequenzen durchgeführt wird, ist ein gutes
Resultat zu erwarten. Mit dem Wieder - Eintritt
des Studiums der Natur stellte sich auch alsbald
die absolut irrige Auffassung ein, als genüge die
mehr oder weniger gründliche Kenntnis der far-
bigen Schmuckformen, wie sie aus der tierischen
und pflanzlichen Welt beinahe unverändert ent-
nommen werden können, um im »modernen Stil«
sattelfest zu werden. Dem Schreiber dieser Zeilen
ist von vielen Seiten schriftlich wie auch mündlich
die Frage gestellt worden, ob es möglich sei, binnen
zwei bis drei Monaten sich durch fortgesetztes
Zeichnen von Pflanzen soweit zu vervollkommnen,
dass man für die Stellung in irgendwelchem kunst-

1802. III. 1.

gewerblichen Betriebe genügend vorbereitet sei.
Die Frage ist bezeichnend für das vielfach totale
Unverständnis dessen, was alle die anstreben, welche
mit Ernst und Ueberzeugung eine Neubelebung
der dekorativen Künste wollen, um sie aus dem
immer seichter werdenden Fahrwasser der Nach-
beterei herauszureissen. Dass es sich beim Natur-
Studium nicht blos um Schmuckformen handle,
sondern auch um das Ergründen von Funktionen
mechanischer Art, welche das Fundament der an-
gewandten Kunst bilden müssen, soll sie gesund
sein — das überlegen die wenigsten und so ist es
denn auch zu verstehen, wenn kürzlich in einer der
deutschen Kunst-Städte öffentlich das Wort fiel:
»Mit der Bewegung der Modernen braucht man
es nicht gar so ernst zu nehmen, wie es anfangs
scheinen wollte, hat man doch schon unter König
Maximilian den Versuch, einen neuen Stil zu er-
finden, völlig im Sande verlaufen sehen«. Die
Bemerkung zeigt, in welch oberflächlicher Weise
die Sache beurteilt, ihr innerer Kern verkannt wird.
Der grosse Haufe, der diese oder jene neu auf-
tauchende Zierform sich bald zu eigen, zur »stehen-
den Redensart« machte, gibt der Kritik genügende
Anhaltspunkte zu Nadelstichen wie zu Hieben auch
gegen jene, die Selbsterdachtes in der Welt zu
 
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