DOI Artikel:
Lux, Joseph August: Innen-Kunst von Prof. Joseph Hoffman, Wien
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0136
INNEN-DEKORATION.
PROF. JOS. HOFFMANN-WIEN. Haus des Herrn Gust. Pollak- Wien.
Auszug-Tisch im Speise-Zimmer. Ausgef. von Portois & Fix—"Wien.
liegen. Auf diesem Wege gelangen wir zu dem
lange gesuchten volkstümlichen Stil, welcher der
Ausdruck unserer heutigen allgemeinen Lebens-
Formen ist. Und nun sagten wir doch erst vorhin,
dass den Interieurs von Joseph Hoffmann eine ge-
wisse Familien-Aehnlichkeit mit den Erzeugnissen
unserer früheren Kultur eigentümlich ist. Das
kommt von jenem Genius loci, der uns auch aus
den Ausdrucks-Formen der besprochenen voran-
gegangenen Stil-Epochen sieghaft entgegenlächelt.
Jene Wienerische Art, die zwar leicht annimmt,
aber in allem was sie annimmt, ihr Wesen durch-
setzt. Wie stark dieses Wesen ist, das fühlt ins-
besondere der schaffende Künstler, der diesem Zuge
folgt. Wer eine Zeit lang in Wien wohnt, kann es
an sich erfahren. Denn über die Türme und
Dächer grüsst der Wald in den tosenden Lärm der
Stadt herein und erquickt die Seelen mit einem
Hauch ewiger Jugend und Frische. Und wenn
man ein Entree der Hoffmann'schen Interieurs betritt,
wo in weisslackierten Spalieren eine Blumen-Wildnis
blüht und duftet, mutet es einem an, wie ein heller
Wiener-Waldgruss, und in den Wohn-Räumen, wo
wir dem Palisander- und Cedern-Holz begegnen,
dem Ahorn und der Erle, sauberen Intarsien, Möbel-
Beschlägen aus Bronze, Kupfer und blau ange-
laufenem Messing, mag man sich als Welt-Kind
fühlen, als Kind der Gegenwart, aber mit dem
sicheren Bewusstsein in der Heimat, in der boden-
ständigen Art zu wurzeln. Das sichere Stilgefühl,
das in diesen gradlinigen Formen waltet und die
sorgfältige Ausführung lassen sie ebenso vornehm
als liebenswürdig erscheinen. Neben der Ver-
wendung moderner gemusterter Stoffe als Möbel-
Ueberzug und Wand-Bespannung tritt da, wo die
bereits verhandene architektonische stueco-Aus-
schmückung der alten Wohnräume es nicht ver-
hindert, das Bestreben auf, die glatten Wände und
Plafonds und den Bodenbelag in einfarbigen, fein
gestimmten Tönen zu halten, an denen sich die
dunklere Färbung des Getäfels und der Geräte
wirkungsvoll absetzt, um dergestalt zu einem un-
gemein wohlthuenden harmonischen Farben-Zu-
sammenklang zu gelangen, der aus den Abbildungen
nur andeutungsweise hervorgeht. Aber am erfreu-
lichsten ist an dieser Kunst-Erscheinung der aus-
geprägte männliche Ernst, der von der tändelnden,
spielenden, putzmachenden Art, die man dem Wiener
gelegentlich als Sünde vorhält, nichts weiss, sondern
der klar und nüchtern nach dem Zweck frägt und
diesem den ungesuchtesten, einfachsten und darum
natürlichsten Ausdruck gibt. In diesem unge-
schminkten ehrlichen Sichbekennen liegt die Wurzel
von etwas sehr Kostbarem, das wir schon lange
suchen, nämlich der modernen Volks-Kunst! Die
grosse Menge, welche heute noch der Modernen
verständnislos gegenüber steht, oder sich zu kalt
staunendem Besuch in unsere Ausstellungen drängt,
in ihrem Heim aber in den kulturwidrigsten Ver-
hältnissen verharrt, ist zunächst durch den Beweis
zu gewinnen, dass die moderne Einrichtungs-Frage
nicht lediglich auf die Forderung hinausläuft: »Thu
nur Geld in deinen Beutel«. Das Luxus-Bedürfnis
der Plutokratie ist für den Künstler wertvoll, wert-
voller sind die Lebens-Bedürfnisse weiter Volks-
schichten. Die grosse Masse, die sich heute noch
aus Oekonomie mit dem vom Möbel-Fabrikanten
oder vom Tapezierer gelieferten »altdeutschen«
Plunder begnügt, ist noch nicht zur Einsicht erzogen,
dass die solide zeitgemässe Ausgestaltung des Heim-
wesens durchaus nicht mit einem Mehraufwand ver-
bunden sein muss. Der Luxus mag sich dann je
nach der Börse und den persönlichen Ansprüchen
in der Verwendung von mehr oder weniger kost-
barem Material äussern. Hoffmann's Leistungen
sind ein bedeutsamer Anfang zu jener ersehnten
Volks-Kunst, welche nicht das Vorrecht bevorzugter
Klassen, sondern die Einheit der Lebens-Aeusse-
rungen weiter und weiterer Volkskreise ist.
W1KN. JOSEPH AUGUST LUX.
PROF. JOS. HOFFMANN-WIEN. Haus des Herrn Gust. Pollak- Wien.
Auszug-Tisch im Speise-Zimmer. Ausgef. von Portois & Fix—"Wien.
liegen. Auf diesem Wege gelangen wir zu dem
lange gesuchten volkstümlichen Stil, welcher der
Ausdruck unserer heutigen allgemeinen Lebens-
Formen ist. Und nun sagten wir doch erst vorhin,
dass den Interieurs von Joseph Hoffmann eine ge-
wisse Familien-Aehnlichkeit mit den Erzeugnissen
unserer früheren Kultur eigentümlich ist. Das
kommt von jenem Genius loci, der uns auch aus
den Ausdrucks-Formen der besprochenen voran-
gegangenen Stil-Epochen sieghaft entgegenlächelt.
Jene Wienerische Art, die zwar leicht annimmt,
aber in allem was sie annimmt, ihr Wesen durch-
setzt. Wie stark dieses Wesen ist, das fühlt ins-
besondere der schaffende Künstler, der diesem Zuge
folgt. Wer eine Zeit lang in Wien wohnt, kann es
an sich erfahren. Denn über die Türme und
Dächer grüsst der Wald in den tosenden Lärm der
Stadt herein und erquickt die Seelen mit einem
Hauch ewiger Jugend und Frische. Und wenn
man ein Entree der Hoffmann'schen Interieurs betritt,
wo in weisslackierten Spalieren eine Blumen-Wildnis
blüht und duftet, mutet es einem an, wie ein heller
Wiener-Waldgruss, und in den Wohn-Räumen, wo
wir dem Palisander- und Cedern-Holz begegnen,
dem Ahorn und der Erle, sauberen Intarsien, Möbel-
Beschlägen aus Bronze, Kupfer und blau ange-
laufenem Messing, mag man sich als Welt-Kind
fühlen, als Kind der Gegenwart, aber mit dem
sicheren Bewusstsein in der Heimat, in der boden-
ständigen Art zu wurzeln. Das sichere Stilgefühl,
das in diesen gradlinigen Formen waltet und die
sorgfältige Ausführung lassen sie ebenso vornehm
als liebenswürdig erscheinen. Neben der Ver-
wendung moderner gemusterter Stoffe als Möbel-
Ueberzug und Wand-Bespannung tritt da, wo die
bereits verhandene architektonische stueco-Aus-
schmückung der alten Wohnräume es nicht ver-
hindert, das Bestreben auf, die glatten Wände und
Plafonds und den Bodenbelag in einfarbigen, fein
gestimmten Tönen zu halten, an denen sich die
dunklere Färbung des Getäfels und der Geräte
wirkungsvoll absetzt, um dergestalt zu einem un-
gemein wohlthuenden harmonischen Farben-Zu-
sammenklang zu gelangen, der aus den Abbildungen
nur andeutungsweise hervorgeht. Aber am erfreu-
lichsten ist an dieser Kunst-Erscheinung der aus-
geprägte männliche Ernst, der von der tändelnden,
spielenden, putzmachenden Art, die man dem Wiener
gelegentlich als Sünde vorhält, nichts weiss, sondern
der klar und nüchtern nach dem Zweck frägt und
diesem den ungesuchtesten, einfachsten und darum
natürlichsten Ausdruck gibt. In diesem unge-
schminkten ehrlichen Sichbekennen liegt die Wurzel
von etwas sehr Kostbarem, das wir schon lange
suchen, nämlich der modernen Volks-Kunst! Die
grosse Menge, welche heute noch der Modernen
verständnislos gegenüber steht, oder sich zu kalt
staunendem Besuch in unsere Ausstellungen drängt,
in ihrem Heim aber in den kulturwidrigsten Ver-
hältnissen verharrt, ist zunächst durch den Beweis
zu gewinnen, dass die moderne Einrichtungs-Frage
nicht lediglich auf die Forderung hinausläuft: »Thu
nur Geld in deinen Beutel«. Das Luxus-Bedürfnis
der Plutokratie ist für den Künstler wertvoll, wert-
voller sind die Lebens-Bedürfnisse weiter Volks-
schichten. Die grosse Masse, die sich heute noch
aus Oekonomie mit dem vom Möbel-Fabrikanten
oder vom Tapezierer gelieferten »altdeutschen«
Plunder begnügt, ist noch nicht zur Einsicht erzogen,
dass die solide zeitgemässe Ausgestaltung des Heim-
wesens durchaus nicht mit einem Mehraufwand ver-
bunden sein muss. Der Luxus mag sich dann je
nach der Börse und den persönlichen Ansprüchen
in der Verwendung von mehr oder weniger kost-
barem Material äussern. Hoffmann's Leistungen
sind ein bedeutsamer Anfang zu jener ersehnten
Volks-Kunst, welche nicht das Vorrecht bevorzugter
Klassen, sondern die Einheit der Lebens-Aeusse-
rungen weiter und weiterer Volkskreise ist.
W1KN. JOSEPH AUGUST LUX.