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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Velde, Henry van de: Werkstätten für Handwerks-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0162

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INNEN-DE KOR ATIOX.

55

Künstlern, und ehe noch
wirklich Sachen zum Ver-
kauf da waren, boten uns
jene ihre Dienste an. Ich
lasse jeden selbst beurteilen,
bis zu welchem Grade dies
Anerbieten uninteressiert
war, oder vielmehr das
Maß nicht überschritt, in
welchem der Kaufmann mit
Recht sein Interesse geltend
machen kann. Das Aner-
bieten bedeutete gewöhn-
lich: der Künstler sollte
dem Kaufmann »en depöt«
Gegenstände liefern, welche
dieser dann zu verkaufen
übernehmen wollte. — Man
sieht das Resultat: Der
Kaufmann verfuhr nach den
üblichen Gebräuchen, d. h.
er achtete in nichts das
Eigentum unserer Schöpf-
ungen , die er auf kecke
Weise sofort kopierte; er
bemühte sich nicht im Ge-
ringsten, das zu verkaufen,
was die Künstler ihm
lieferten, sondern zog es vor,

die Gegenstände zu verkaufen, an denen er am
meisten verdienen konnte. Das ist menschlich,
und ich will nicht wie ein Huhn schreien, dem man
die Federn ausrupft, obgleich wenig Menschen so
sehr wie ich des Ertrages ihrer Schöpfungen beraubt
worden sind. Ich habe darüber schon meine Prin-
zipien klargelegt *) und ich habe niemals geglaubt,
dass die Kaufleute nicht auch zur menschlichen
Rasse gehören. Aber die Kaufleute sollten nun
auch nicht die Rolle der »Anreger«, »Bahnbrecher«
spielen wollen! Eine kaltblütige Prüfung würde
ihnen keinen Verdienst, noch irgend eine Aussicht
auf materiellen Erfolg zuerkennen. Dieses Mal irrten
sich die Kaufleute, und sie glaubten doch so gerne
an beides. Fast überall findet man solche, in Paris,
in Berlin, in Brüssel, im Haag, in Wien u. s. w. und
überall ist ihr Schicksal ein ähnliches; die Künstler
sehen hell, und das Publikum wendet sich an den
Künstler selbst, welchen die Kunst-Zeitschriften ihm
angeben, sobald es sich um einen etwas folgerechten
Auftrag handelt. Das Publikum hat einen Wider-
willen dagegen, den Kaufleuten doppelte Preise zu
zahlen, wenn es dieselben Gegenstände zu einfachen
Preisen vom Künstler erhalten kann, und so ge-

*) S. Pan. 3. Jahrgang 1898 »Entwurf und Bau der Möbel«.

MARGARETE JUNGE —DRESDEN.

Ausgeführt von den Dresdener Werkstätten für Handwerks-Kunst.

Söpha.

schieht es, dass diese Häusser sich ändern müssen :
insbesondere für sich entwerfen zu lassen, und selbst
zu fabrizieren. Von diesem Augenblick an ist nichts
anderes hinter all diesen pompösen Bezeichnungen,
mit denen sich diese »Häuser« so gerne gross thun,
als ein Kaufmann, der das entwerfen und fabrizieren
lässt, was das Publikum von ihm fordert, und was
er am besten verkaufen kann.

Immerhin wird das »moderne« oder »nouveau«
in Frankreich bleiben; »esthetique« in Belgien;
»Jugend« oder »Sezession« in Deutschland und
Oesterreich. Aber alles das hat nichts Gemeinsames
mit dem sich vorbereitenden Stil unserer Epoche
und soll sich hüten, daran rühren zu wollen.

Neben diesen Kaufleuten standen, freilich in
einem ganz anderen Licht, die Münchener Ver-
einigten Werkstätten und die Dresdener Werk-
stätten für Handwerks-Kunst, welche beide von
einem künstlerischen Gedanken ausgingen. Die
Vereinigten Werkstätten von München vereinigten
unter der klaren und nie ruhenden Leitung des
Professors Krüger fast alle Künstler, die München
damals im Jahre 1898 zählte, um sich! Obrist
R. Riemerschmid, B. Rankok, B. Paul etc. und
 
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