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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Velde, Henry van de: Einige Künstler Holland's und die Ausstellung Hugo Kochs in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0214

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2o6

INNEN-DEKORATION.

j. ysenloefkel. Löffel aus Silber und Email.

trauen gegen andere einflösst und bald Misstrauen
und Verachtung ohne Gleichen hervorruft. Es
ist das Leben, das uns Lehren durch den Kopf
schleudert, welche die Richtung aller unserer Ge-
danken ändern; es ist das Leben, das sich erst
später in seiner ganzen Schönheit und in allen
seinen Aeusserungen dem offenbart, welcher alle
Kämpfe, die es ihm auferlegt, dazu noch mit diesem
bitteren Glauben auf sich nimmt, indem er dagegen
kämpft.

In dieser Schule arbeitete der Architekt Hugo
Koch; wer weiss, wieviel Jahre? Sie hat ihm die
Tugenden seines Karakters nicht genommen, und
hat ihm auch die Ekistizität seines Geistes gelassen,
und vor allem diese Freiheit, ohne ein Gefühl der
Demütigung jede Belehrung, selbst wenn sie ihm
von einem jüngeren gegeben wurde, anzunehmen.
Welch' andere Schule hätte ihm solche Befreiung
und solche Freiheit im Handeln geben können.
Ihr verdankt er den Erfolg, der ihn in der Düssel-
dorfer Ausstellung erwartet. Ich freue mich, es
ihm als erster habe vorhersagen zu dürfen und bin
glücklich, mich dessen freuen zu können!

Unter allen Konkurrenten des Raums, der
in der Abteilung des Kunst-Gewerbes für die
Möbel reserviert ist, machte nur seine Ausstellung,
d. h. der Raum H. Stroucken—Krefeld, auf die,

welche in meinem Sinne wirklich guten Geschmack
haben, Eindruck. Es steht bei ihm fest, sich nur
wirklich würdiger Mittel und würdigen Materials
zu bedienen, und man kann von seinen für die
Düsseldorfer Ausstellung entworfenen Möbeln er-
warten, dass sie der modernen Kunst betreffs
des Mobiliars, unserem Programm und unseren
Prinzipien mit Hinsicht auf die Schöpfung eines
neuen Stils von Nutzen sein werden.

Sie werden dem Publikum um so sicherer die
Augen öffnen, als es ihm leicht gemacht ist,
Vergleiche zu ziehen, denn neben und rund um
diesen Raum herum sind unter der Marke »moderner
Stil« die marktschreiendsten und verachtungs-
würdigsten Exzentrizitäten gewagt worden.

Hugo Koch hat drei Säle entworfen, zu welchen
eine kleine Vorhalle den Zutritt gewährt. Die Grund-
Linie, welche dem grossen Sofa, der Täfelung und
den Einrahmungen ihr Leben gibt, ist sehr einfach
gehalten; sie ist geschmeidig und vornehm hin-
geworfen. Die Farben-Zusammenstellungen dieser
Halle sind grau und grün; grau das Holz, grün
das Leder des Sofas. Links tritt man nun in
ein Herren-Arbeits-Zimmer: Schreib-Tisch, Sofa,
Bibliothek und ein Möbel für Jagd-Gewehre. Dieses
Zimmer trägt noch Spuren einer Kunst, wie sie
vor i o Jahren existierte, aber hier enthüllt sich schon
(wenn man so sagen darf) die Befreiung, welche
den dann folgenden Salon karakterisiert. Der Schreib-
tisch-Stuhl und der Teppich lassen uns ahnen, was
Hugo Koch uns für den Salon, der sich diesem
Zimmer anschliesst, aufspart.

Dieser ist bezeichnend für das, was unsere
Bewegung geschaffen hat. Er erweckt ein Gefühl
der Eleganz, die wohl geeignet ist für das, was
eine Gesellschaft, die noch keine Zeit gehabt hat,
die wesentlichen Eigenschaften der Umgebung
kennen zu lernen, in der sie ihre aristokratischen
Instinkte entwickeln kann, von ihr erwartet. Heute
sucht sie die Eleganz noch in der Anmut der
ornamentalen Details, gleichwie den Luxus in der
Wahl des Materials. Der Begriff der Eleganz hat
noch nicht die Höhe der Entwickelung erreicht,
wie z. B. in der Musik die Symphonie. Wir sind
noch auf der Stufe des zarten und köstlichen Liedes,
aber der mächtige Hauch des Stils, der alle dekora-
tiven Mittel vereint, scheint die moderne Eleganz
noch nicht durchdrungen zu haben.

Jedes Möbel hat sein eigenes Leben, das schön
in sich, nur um seine Schönheit besorgt ist. Und
dieses Gefühl der zu grossen Sorge für das Einzelne
anstatt für eine grosse Linie, welche alle Details
mit einander verbindet und sie alle durchdringt,
erweckt unsere Aufmerksamkeit und erregt sie.
 
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