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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Commichau, Felix: Kritische Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0239

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INNEN-DEKOR ATION.

231

Stufe steht mit abgebrauchter Heraldik! Dass zwei
oder drei wirklich beachtenswerte Bauschöpfungen
vorhanden sind, wie das Gebäude des Eisen-Königs
Krupp, welches von Professor Hoffacker—Karlsruhe
geschaffen wurde, hebt das Niveau des Ganzen keines-
wegs , sondern lässt das unkünstlerische Formen-
Gewirre auf dem Riesen - Gelände nur noch un-
ästhetischer erscheinen. — Im Gegensatz zur Archi-
tektur ist die Raum-Kunst, dank der starken Be-
teiligung bester rheinischer Firmen und bewährter
Innen-Künstler, ohne Frage gut vertreten. Ausser
den Interieurs von Hugo Koch, die bereits unser
voriges Heft brachte, können wir leider vorerst nur
die Räume der beiden österreichischen Künstler-
Vereinigungen, der Secession, des Hagen-Bundes und
des alten Aachener Möbel-Hauses Th. Cossmann wieder-
geben. Professor Joseph Hoffmann und Leopold Bauer
haben die Ausstellungs-Zimmer der Sezession in der Haupt-
sache eingerichtet; die meisten der anderen Mitglieder sind
durch Einzel-Beiträge beteiligt. Die Räume wirken ziem-
lich kühl, kühl und kahl. Professor Hoffmann enttäuscht
hier etwas. In seiner Art liegt es sonst nicht, sich künstlerisch
derart einzuschränken, dass das fertige Ganze just nur wie
ein Behelf erscheint. Einen wärmeren, lebhafteren Eindruck
macht das Thee-Zimmer der Secession (Seite 237) das Leopold
Bauer seine Formen verdankt. Ganz ausgezeichnet, schön
praktisch und elegant sind die Stühle mit der leicht gebogenen
Rücken-Lehne. Etwas schwer erscheinen die Tische und
das Büffet. Originell ist die Wand-Bekleidung in diesem
Raum; sie besteht aus dünnen, böhmischen Glasfliesen, die
in allen erdenklichen Tönen schillern, glitzern und leuchten.
Aber auch in der Art der Verwendung dieses kostbaren
Materials tritt wiederum jenes »Gewollt-Primitive« hervor,
das an der neu-österreichischen Kunst so oft befremdet.
Auf der einen Seite Prunk und Pracht, auf der anderen
ein bewusstes Einengen der künstlerischen Form-Mittel; wie
stimmt das zusammen? — Das Gemach des Hagcn-Bundes
schuf Joseph Urban. Halb Empire, halb neu-extravagant, in
der Gesamt-Wirkung nicht übel. Vornehmheit ist darinnen,
wenn auch keine ganz lebensfrische. — Die Cossmann'schen
Räume sind recht tüchtige Leistungen; eine gute Wohnungs-
Kunst. Sie bestätigen uns, dass das alte Haus erfolgreich
bemüht ist, auch mit der neuen Zeit und ihrer aufsteigenden,
künstlerischen Bewegung Schritt zu halten. Die Kamin-Partie
des einen Zimmers ist besonders gelungen. Es ist künst-
lerische Struktur in der Anlage; ein reizvoller Linien-Bau.

Auch die diesjährige »Grosse Berliner Kunst-Aus-
stellung« hat der modernen Innen-Kunst ihren Tribut gezollt.
Arthur Biberfeld hat dort ein Familien-Zimmer ausgestellt,
das wir in zwei Ansichten auf S. 240 und 241 reproduzieren.
Wir haben im vorigen Jahrgange bereits auf diesen jungen,
zu den besten Hoffnungen berechtigenden Künstler auf-
merksam gemacht; schon damals zeigte er, dass es ein eigener
Weg sei, den er betreten habe, und dass man allen Grund

habe, ihn auf diesem Wege nicht aus den Augen zu
verlieren. Seine neueste Schöpfung enttäuscht die
Erwartungen keineswegs. Noch schäumt's in ihm,
noch weiss er die quellende Phantasie nicht immer in
die richtigen Bahnen zu leiten, aber der Grundton ist
stark und gesund und künstlerisch voll. — Es hat
alles schon seinen eigenen Karakter, fast frei von
Fremdem, Angenommenem. In einzelnem nur, ver-
mute ich, folgte er Meister Pankoks Bahnen (man
prüfe das Zimmer und besonders die Stand-Uhr
daraufhin); er thäte gut sie wieder zu verlassen. —
Biberfeld ist ein interessantes Beispiel dafür, wie leicht
aus mittelalterlicher Schulung heraus der Anschluss
an modernes Fühlen gefunden werden kann. — Noch
glänzender offenbart sich das gleiche an Hermann

MARIE GRÄFIN GELDERN-KGMONT—BERLIN.

Stand- Uhr in poliertem KirscJihaitm-IIolz.
Ausgeführt von Tiieodor Lange—Hamburg.
 
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