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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Zahn, Leopold: Moderne Möbel aus Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0051

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INNEN-DEKORATION

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AUSSTELLUNG ÖSTERR. WERKBUN D ESSPLATZ VON WALTHER SOBOTKA

leicht hier in besonderem Maße - ich meine die
Ornamentsüchtigkeit, wurde rechtzeitig erkannt und
hauptsächlich unter dem erzieherischen Einfluß
Adolf Loos' überwunden.

Wenn heute zum Beispiel bei dem kleinen Schub-
ladenkasten von Josef Frank ein Ornament auf-
taucht, so ist es gewissermaßen nicht >>freischwebend«,
sondern konstruktiv gebunden. Oder es ist ein natür-
licher Bestandteil des Werkstoffes, zum Beispiel die
Maserung eines polierten Holzes, oder die Musterung
eines Felles, das man zur Bespannung eines Sitz-
möbels verwendet. Dem Auge, das sich an der Farbe
erfreuen will, dem Tastsinn, dem die Beschaffenheit
des Werkstoffes schmeichelt, geschieht Genüge. Wer
einer noch weitergehenden Aufheiterung und Be-
lebung der Sinne bedarf, wird auf die Vorhangstoffe
aus Seide oder Kretonne gewiesen, die mit Hand-
modeln bunt bedruckt sind. Auch Bild und Plastik
werden nicht mehr verpönt. An den Wänden der Aus-
stellung sind überall Bilder zu sehen, die meisten
von der Malerin Schmidl-Wähner, kultiviert farbige
Landschaften und Tierbilder.

Auf den Möbelstücken sind allenthalben Kleinpla-
stiken und Keramiken verteilt. Man kennt nicht mehr

jenen strengen Puritanismus, der eine Zeitlang gera-
dezu ikonoklastische Ausmaße angenommen hatte.

Was freilich noch immer vermieden wird, ist die
Überladung: Jede Plastik und Keramik soll für sich
wirken können und nicht in einer Anhäufung
untergehen. Auch der Gobelin wird wieder zum
Wohnungsschmuck herangezogen.

Zwei Sonderabteilungen gedenken der vor kurzem
verstorbenen Künstler Gorge und Strnad, denen im
Rahmen der österreichischen Werkbundbewegung
eine führende Rolle zugekommen ist. Ihre Arbeiten
markieren ein, wenn man so sagen darf, historisches
Stadium des modernen Möbelstils. Der aus der Vor-
kriegszeit stammende große Tisch von Strnad (Abb.
S. 41 unten) beschwört in seiner romantisch-goti-
sierenden Haltung den Namen John Ruskins. Das-
selbe gilt von dem Lehnstuhl in der Ecke, gilt aber
nicht mehr von dem aus der Spätzeit Strnads stam-
menden Büchergestell, das sich auf die reine, jeder
ornamentalen Unterstützung entratenden Form be-
schränkt. Ornamental romantisierende Anklänge
findet man auch bei Gorge: bei seinem Beleuch-
tungsständer und seinem Lehnstuhl. Die individuel-
len Unterschiede zwischen Strnad und Gorge sind
 
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