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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Michel, Wilhelm: Allerlei Weisheit von Möbeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0071

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INNEN-DEKORATION 59

E. REVESZ »SPEISEZIMMER« NUSSHOLZ BEZÜGE: GRÜNER SAMT, VORHANG : GELB

ALLERLEI WEISHEIT VON MÖBELN

Die Menschen wachsen an ihren Bildern«, hat ein Jenseits der Preis-, der Wertfrage, ja selbst jen-

Dichter gesagt, und er meinte damit zunächst seits der Schönheitsfrage hat diese Frage einen Sinn,

die Bilder der Helden, die wir vor uns errichten, die »Der Mensch ist immer mehr als er von sich weiß«,

Ideale, die Strebensziele, die Wunschträume, die wir lautet ein Ausspruch des bekannten Lebensphiloso-

in unsrer Phantasie hegen. Aber zu den Bildern, die phen Jaspers. Das Wort hat eine genaue und war-

auf uns wirken, gehören auch die Dinge und Formen nende Bedeutung für alle, die das Zweckdenken

unsrer Umwelt. Bilder sind auch die Möbel, die uns pflegen, namentlich für diejenigen, die an einer

umgeben, d. h. sie sind Vorformen, Greifformen, Bann- zweckmäßigen Gestaltung des Wohnraums arbeiten,

formen eines bestimmten Lebensstils. Möbel sind Sie können dies nur, indem sie sich eine bestimmte

Forderungen, die wir selbst ans Leben stellen, aber Vorstellung vom Wesen des Menschen machen, dem

zugleich Forderungen, die an uns gerichtet werden; ja der Wohnraum dienen soll. Und von der Richtig-

Bilder eines Lebens, in das wir hineinwachsen sollen. keit dieser Vorstellung, nicht vom Zweckdenken an

Gibt das nicht einen Gesichtspunkt ab, unter dem sich hängt der Wert des Ergebnisses ab.
wir unsre Möbel betrachten sollten ? Müssen wir uns Hier bekommen wir den Grund zu fassen dafür,
nicht bei der Wahl von Möbeln die Frage vorlegen: daß das sogenannte Zweckdenken bei der Wohn-
Werde ich in meiner äußeren und inneren Haltung an raumgestaltung zu so völlig verschiedenartigen Er-
diesen Geräten wachsen können - oder werden sie gebnissen führt und geführt hat. Wo eine weitherzige,
mich herunterziehen? eine großzügige und lebensfrische Vorstellung vom
Schiller sagte von den Künstlern das große Wort, Wesen des Menschen die Arbeit leitet, da werden sich
daß der Menschheit Würde in ihre Hand gegeben sei. Möbelformen von Wert und Dauer ergeben. Wo diese
Hat nicht auch der Künstler, der meine Möbel erdacht Vorstellung dürr und ledern ist, kommt nur Einseiti-
hat, einen Teil, ein winziges bißchen von meiner Men- ges und Halbrichtiges zum Vorschein. Das Zweck-
schenwürde, das heißt: vom Schicksal meiner Men- denken ist immer richtig, aber der Inhalt des Zweck-
schengestalt, in der Hand gehabt ? Muß ich nicht dar- begriffs kann heillos verkehrt sein. Denen, die nur
auf achten, ob er sie »bewahrt« oder gefährdet hat ? auf kalt verstandesmäßigem Weg das Wesen und die
 
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