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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Einrichtung eines Wohnhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0117

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INNEN-DEKOR AT ION

105

EINRICHTUNG EINES WOHNHAUSES

Zwei namhafte Architekten aus der Tschechoslo-
wakei hatten in der Umgebung von Preßburg ein
Haus gebaut, und nachher wurde, im Einvernehmen
mit seinen beiden Kollegen, der Wiener Ernst
Schwadron herangezogen, um es wohnlich auszu-
statten. Dieser Vorgang ist nicht gewöhnlich. Denn
seit dem Aufkommen der modernen Baukunst ist es
fast die Regel geworden, daß der Architekt selbst
dann, wenn er kunsthandwerklich nicht geschult ist,
auch die Entwürfe für die Einrichtung besorgt. Das
war nicht immer so. In den Zeiten des blühenden
Handwerks standen seine Vertreter, nicht bloß kraft
ihres vollendeten Könnens, sondern fast noch mehr
infolge ihrer lebendigen Kulturgemeinschaft, den Ar-
chitekten selbständig und gleichwertig zur Seite. Na-
türlich, die Führung lag, wie es sich gebührte, bei der
Architektur. Erst der um 1890 einsetzende Über-
schwang der Dekoration hat dieses gesunde Verhält-
nis umgekehrt. Das Möbel, dekorativ verstanden und
behandelt, drängte die Architektur in den Hinter-
grund. Die neue Baukunst hatte lange Mühe, das
widersinnige Joch abzuschütteln. Es gelang ihr durch

1937. III. 4

Selbstbesinnung, durch die Besinnung auf ihre lebens-
ordnende und raumhafte Aufgabe. Aber da das Kunst-
handwerk diesen Weg der Formreinigung nicht mit-
gemacht hatte, mußte die Architektur nun auch die
Sache des Kunsthandwerks auf sich nehmen. Das
geht mit besonderer Deutlichkeit aus der Entwick-
lung der Kunstgewerbeschule in Wien hervor. Seit
1900 wurden hier Fachklassen für Architektur in den
Lehrbetrieb eingestellt. Die Architektur war wieder
das maß- und richtunggebende Prinzip geworden.
Aber in diesen Klassen reichte jetzt die Unterweisung
vom Bau bis zum letzten Gegenstand seiner Einrich-
tung, die nicht bloß gezeichnet, sondern in den ver-
schiedensten angeschlossenen Werkstätten auch un-
mittelbar verwirklicht wurde. Allerdings bringt es der
besondere Sinn des Wieners für die schöne, heitere
Kultur des Raumes mit sich, daß hier im ganzen der
Ton weniger auf dem stattlichen Bauwerk als auf der
intimeren Raumkultur liegt. Begreiflich, daß man
gelegentlich — wie im Falle Schwadron - von dieser
gepflegten Wiener Fähigkeit für die Raumbelebung
eines neuen Hauses auch im Ausland Gebrauch macht.
 
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