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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Michel, Wilhelm: Die Zeit und die Uhr
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0264

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DIE ZEIT UND DIE UHR

VON WILHELM MICHEL

Fragst du, was Zeit sei, so weiß ich's nicht; fragst
du nicht, so weiß ich's«, lautet ein Wort von Au-
gustin. Jedem, der über das Wesen der Zeit nach-
denkt, wiederholt sich diese Lage. Zeit ist unsrem
Alltag die vertrauteste Sache; aber will der Begriff
sie fassen, so scheint sie in ein Nichts zu zerschmel-
zen. Deutlich schlagen uns die Tagesstunden; aber
denken wir ihrer Einbettung in die stehende, endlose
Ewigkeit, so ergreift uns ein Schwindel. Daß es Ge-
schehen und Veränderung gibt, also eine Abfolge ver-
schiedener Augenblicke, liegt auf der Hand; aber
wollen wir auf das An-Sich der Zeit kommen, so
fassen wir ins Leere. - Etwas von diesem zweideuti-
gen Wesen der Zeit kommt noch in den Uhren zum
Ausdruck, mit deren Hilfe wir sie messen. Die Uhr
teilt unsern Tag ein. Aber zugleich kehrt sie sich mit
ihrem Wesen auch weltweit hinaus in große kos-
mische Zusammenhänge. Ihre Stunden sind abge-
zählt nach dem Sonnengang; ihr Zifferblatt ist ein
aufgefangener Tageslauf der Sonne, wie noch deut-
licher die alten Sonnenuhren mit dem Schattenweg
ihres Weisers dartun. Damit wild die Uhr, die so aus-

schließlich dem Mikrokosmos des Menschenlebens
zugesellt scheint, zur geistigen Brücke zwischen
dessen Periodik und der Periodik des Makrokosmos.
Die Uhr sichert uns auf der einen Seite gegen diese
Großzusammenhänge, indem sie uns unabhängig
macht von den wechselnden Längen des Sonnentags;
aber sie weist uns ebenso nachdrücklich auf sie hin -
ein Bild alles dessen, was wir »Kultur« nennen, da
diese nichts andres ist als menschenbeherrschte,
menschlich faßbar gemachte Natur. - Seit alter Zeit
sind diese Beziehungen auch in der äußeren Erschei-
nung unsrer Zeitmesser hervorgetreten, in der Ge-
staltung der Zifferblätter, der Uhrgehäuse und ihres
allegorischen Zierats; wie auch das Beispiel der
neuen schönen Tierkreisuhr der Kienzle Uhren-
fabriken zeigt. Nicht zuletzt war dies auch der Fall
in den Sprüchen, mit denen alte Uhren geschmückt
sind. »Mors certa, hora incerta« oder »Una ex hisce
morieris^ (Gewiß ist der Tod, ungewiß die Stunde; in
einer dieser Stunden wirst du sterben) rufen sie uns zu
und mahnen damit an den andern großen Zusammen-
hang, in den wir gestellt sind: an den des Schicksals.

ZEICHEN UND ZAHLEN -----n[| - - . HINTERE PLATTE BLAU,

HANDGESÄGT, VERGOL- ^m**n*,mmm^^ mM~T MITTLERE ALS Z1FFER-

DET, ZWISCHEN DREI ~ ^^^SSf BLATTMITTEL SCHWARZ

KRISTALLGLASPLATTEN A% __ FOTO: LAZ1-STUTTGART

H. MÖLLER »TIERKREISUHR« AUSF. KIENZLE UHRENFABRIKEN-SCHWENNINGEN
 
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