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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Michel, Günther: Der Kaminplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0287

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INNEN-DEKORATION

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»kaminraum« dunkelgrüner marmor, wände: handdrucktapeten, bezüge: altrosa

DER KAMINPLATZ ist eine Stätte besonderer
Wohnstimmungen. Oft hat sich die ganze Behag-
lichkeit und das Liebenswerte eines Zimmers in ihm
zusammengedrängt. Ein Moment der Feierstille stellt
sich in ihm dar. Die Elemente sind einfach: Sitzmöbel
und Tisch in beruhigend geführter Gruppierung, das
Ganze um die Licht- und Wärmequelle des Kamins
versammelt. Die Lampen in seiner Nähe dämpfen sich
ab und werden mehr seelisch als zwecklich wirksam:
Sie werden zum Ausdruck des Leuchtens, das im
Guten und im Stillen liegt. Die Begleitvorstellung
dabei ist: Heimgang in das unauffällig Wirkende und
lautlos Schaffende. Es ist, als hätten die Stimmen
und die Kräfte der Tiefe hier ihren Ort, wo man sie
vernehmen und an sich geschehen lassen kann.

Die Funktion der Kaminecke ist für unser Empfin-
den nicht mehr dieselbe wie früher, wo man sie als
den Herd des Göttlichen dachte und erlebte. Aber
hauchartig scheint das Empfindungserbe unserer Vor-
fahren noch in uns fortzuwirken. Noch heute haben
wir leise Regungen von Dankbarkeit, von Liebe und
Verstehen, wenn der Kamin uns wärmt und uns in
seine Ruhe birgt. Vielleicht ist es richtig, wenn wir

diese Andeutungen von Lebensfülle für einen letzten
Widerschein jener großen Bestimmung halten, die
er vor Zeiten einmal besaß. Seine frühere Funktion
als das eigentlich Belebende und letztlich Befriedende
hat sich in eine solche der Behaglichkeit und der Be-
gütigung gewandelt. - Es gibt mehrere Verdich-
tungen des Wohngefühles in einem Zimmer. Der
Fensterplatz, der Nähtisch, die Leseecke, sie alle sind
neben vielen anderen »Ecken« und »Plätzen« in einem
Raum vorhanden und warten, daß man sie erlebt.
Immer zieht sich das Bewußtsein, daß wir in einem
Räume sind, an einer seiner vielen Bewohnungsmög-
lichkeiten zusammen. Jeder von uns hat die Erinne-
rung an einen Abend am Kamin oder in der Leseecke,
an eine Morgenstunde am Fenster, an einen Nach-
mittag am Arbeitsplatz. In jedem leben ein paar
Stunden, die sein Zuhause ihm als etwas Gutes, als
einen Trost und eine Liebe zu fühlen gab. Und es ist
gut, daß jeder das in sich behält und immer weiß.
Denn so nur kann er auf die Dauer sein Heim als
einen Wert besitzen, weil zum echten Wohnen nicht
allein der schöne Raum gehört, sondern auch das
stete Wissen, daß man wohnt. - Günther michel
 
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