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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Ritter, Heinrich: Ein Urkundenschrank deutschen Handwerks
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0407

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INNEN-DEKORATION

395

EIN URKUNDENSCHRANK DEUTSCHEN HANDWERKS

Es ist des Handwerks eigenste Natur, daß es streben
muß, jedes Ding, das es in die Hand nimmt, zu
einem edlen, vollkommenen und geschmückten Ge-
bilde zu erheben. Mit Fug und Recht wirkt sich dieses
Streben daher bei dem »Urkundenschrank für das
ostpreußische Handwerk« aus, den unsre Abbil-
dungen vorführen. Viel feine, hochwertige, ver-
edelnde Arbeit ist in dieses repräsentative Gerät ein-
gegangen; es dient nicht nur einem Zweck, sondern
es stellt auch dar, was an Kraft, an Antrieben und
an Stolz des Schaffens im Handwerk lebt. Auf einem
Tisch von 1,60 m Breite erhebt sich eine stehende,
1,10 m breite Lade zu guter Mannshöhe (1,80 m).
Das Ganze ist, wie sich von selbst versteht, aus-
schließlich in einheimischen Werkstoffen ausge-
führt, in deutschem Nußbaum und - im Innern -
in deutschem Ahorn, beides naturfarben und matt-
poliert. Die gehaltvolle Form (Entwurf von Prof.
Tischlermeister Stadtaus-Königsberg) vereinigt eine
straffe Schlichtheit mit gemütvoller Festlichkeit und
zeigt edle, richtige Maßverhältnisse. Die Ausführung
oblag der Staatlichen Handwerkerschule Königsberg,
und zwar den Schülern der Klasse »Innenausbau und
Möbel«, deren Tischler, Drechsler, Bildhauer und
Intarsienschneider damit eine schöne Probe ihres
Könnens abgelegt haben. Das Innere des Geräts ist
aufgeteilt in zwei geschlossene und mehrere offene
Fächer zur Aufbewahrung von Urkunden. - Die
Tür der Lade breitet in stiller, festlicher Weise 46
Handwerkszeichen aus, die sich um das in der Mitte
stehende Zeichen des Reichsstandes des Deutschen
Handwerks, den Hammer mit Eichenblatt und
Eichel, gruppieren. Dieses reiche Bilderwerk liegt

1937. xii. 2

in einem Liniennetz, dessen Quadrate 12 cm Seiten-
länge haben, und ist in Einlegearbeit ausgeführt,
für die Birnbaum und Birke verwendet wurden. Die
zahlreichen Helligkeits-Abstufungen der Zeichnung
wurden vornehmlich durch wohlüberlegte Aus-
nutzung der Richtungsverschiedenheiten im Faser-
lauf erzielt; so blieb der Gesamtfläche trotz der Fülle
der Motive und der lebhaften Zeichnung doch eine
ruhige Einheitlichkeit gewahrt. Die Schönheit dieser
Arbeit kann an den beiden Einzelfeldern (vergl. die
Abbildungen oben) nachgeprüft werden; namentlich
bei dem Zeichen der »schwarzen Zunft« tritt die wir-
kungsvolle Begegnung zwischen der kräftigen Nuß-
baum-Maserung des Grundes und den ruhigen ge-
kurvten Flächen der Zeichnung anziehend hervor.
Mit vollendeter Kunst ist in den vielen Zeichen die
markige Sprache der Heraldik gehandhabt. Das
Meiste ist neu erfunden, und in mancher Schilderei
lebt ein behaglicher Humor. Gleichfalls in Einlege-
arbeit ist die Schriftzeile »Dem ostpreußischen Hand-
werk« an der Vorderkante des Oberbodens ausgeführt,
und zwar in naturfarbenem Birnbaumholz gleich
dem Liniennetz auf der Türfläche. - Es ist aber nicht
nur eine Schönheit für das Auge, die hier von vielen
fleißigen Händen erarbeitet wurde. Das Ganze ist
von einer geistigen Bedeutung verklärt, die um so
schöner hervortritt, je achtsamer man das Gebilde auf
sich wirken läßt. Sie liegt darin, daß jedes dieser
Zeichen einen bestimmten Einsatz menschlicher
Arbeit zur Gestaltung unsres Lebens benennt. Nicht
ein Bilderspiel ist diese Intarsientafel, sondern ein
Schild, den deutscher Wille und Kampfgeist allen
niederziehenden Kräften tapfer entgegenhält. - h. r.
 
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