Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

DOI Artikel:
Verkaufsgemeinschaft Berliner Tischlermeister
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0413

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

401

WOHN-SCHLAFZIMMER EINES HERRN ENTWURF: ARCH. SIEGFRIED PETERSEN

ziele unsrer Zeit besitzt. Wenn man sich Gedanken
gestattet über die Linie, auf der eine sinngemäße
Weiterentwicklung des Unternehmens möglich und
wünschenswert ist, so kann man nur hoffen, daß es
der Vereinigung gelingen möge, den Sonderwert der
spezifisch handwerklichen Erzeugung immer klarer
herauszustellen. Wir haben eingangs von der »Hand-
werksfeindschaft« gesprochen, die in den Jahren der
Wirtschafts- und Kulturkrise bemerkbar wurde. Sie
hatte ihre tiefen Wurzeln in einer Abneigung gegen
alles, was im Produkt unzweideutig an den Menschen
erinnerte, an seine Hand, an das Werkzeug, an sein
Ringen mit dem Werkstoff. Den lebendigen Menschen,
der Seele hat und bestimmte Gemütsregungen, der
Kräfte besitzt, die aber auch ihre Grenzen haben,
und der allem, was er anfaßt, die Spur seines Wesens
aufprägt, so daß das Ding und Gebilde für dieses
Wesen zeugt, so wie es andrerseits zeugt für die
Natur im Werkstoff und für ihren Widerstand -
alles dies wollte jene Zeit nicht mehr sehen, weil sie
in Naturlosigkeit, in dürren Intellektualismus ver-
strickt war. Das Glatte, das Kalte und Gläserne war

dieser Zeit genehm. Die Wachstumsspur im Holz,
die Maser, die Hammerspur am Metall, die organische
Gliederung am Bau, überhaupt das Sprechen des
Bildners in entwickelten Satzgefügen, die Konstruk-
tions- und Bindungsspur am Holzwerk - das be-
gegnete einem tiefen Widerwillen dieser Zeit. Und
das Handwerk verfiel ihrer Ablehnung, weil aus ihm
jene naturhaften und jene menschlichen Spuren nie
zu entfernen sind. Hier leuchtet nun das Große auf,
dessen Vertretung und Verteidigung dem Handwerk
aufgegeben ist: das Menschliche und das Natürliche
ist es, welches das handwerkliche Erzeugnis herstellt
und verteidigt. Das Handwerk ist die Klammer, die
jedesmal ein Stück Natur (Werkstoff) mit einem
geistigen Element (Formgedanke) echt verklammert,
so daß beide fortan eine neue Einheit bilden.

Von hier aus muß immer wieder dem Handwerk
das gute Gewissen erwachsen, ja das heilige Gefühl
einer Pflicht, die ihm eigne Arbeits- und Gestaltungs-
weise kraftvoll voranzutragen. Denn auf diese kann
ein echtes Volksleben genau so wenig verzichten wie
auf die Arbeitsweise und Menschenart des Bauern. -
 
Annotationen