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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Gretsch, Hermann: Deutschland auf der VII. Triennale in Mailand
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0202

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192

INNEN-DEKORATION

einer unvorsichtig geöffneten Türe genügte, um den
in Wochen aufgebauten Zauber in einen Trümmer-
haufen zu verwandeln. Wer die Schaufensterauslagen
unserer Großstädte kennt, weiß, daß wir auch in
Deutschland gute Dekorateure haben, die als Meister
ihres Faches in der Lage sind, die zweifelhaftesten
Erzeugnisse überraschend und reizvoll auszustellen.
In der VII. Triennale handelte es sich jedoch darum,
die Leistungen unserer Industrie und unseres Kunst-
handwerks so klar wie irgend möglich zu veranschau-
lichen. Es wurde deshalb in der deutschen Abteilung
bewußt darauf verzichtet, die Aufmerksamkeit der
Besucher durch eine extravagante Aufmachung von
den ausgestellten Dingen abzulenken. Auch haben wir
den Grundsatz sehr begrüßt, auf ausgefallene, proble-
matische Neuheiten zu verzichten, da man bekannt-
lich in Deutschland schon immer bestrebt war, nicht
nur kostbare, kunsthandwerkliche Einzelstücke zu
pflegen, sondern sich auch bemühte, die Dinge des
Alltags zweckmäßig und schön zu gestalten.

Der Begriff »Wohnen« ist allerdings so vielseitig,
daß sich die vom Gestalter zu berücksichtigenden Ge-
sichtspunkte in einer Ausstellung kaum erschöpfend
darlegen lassen.

Schon allein das bäuerliche Leben weist in Deutsch-

land eine Vielgestaltigkeit auf, die in diesem Zusam-
menhang nicht einmal angedeutet werden konnte.
Finden wir doch in allen Gauen, trotz weitestgehen-
der Industrialisierung, Häuser, Gehöfte und Dörfer,
die als Wahrzeichen eines seit vielen Generationen
seßhaften Bauerntums einen Einblick in die bis in
unsere Tage lebendige Tradition handwerklicher Fer-
tigkeiten vermitteln. Die Bauten und Geräte wurden
nicht entworfen, sondern ihre Formen sind in Jahr-
hunderten gewachsen und sind ein getreues Abbild
bäuerlichen Lebens von einer in Europa einzig da-
stehenden Mannigfaltigkeit.

Innerhalb der großen sozialen Aufgaben, die sich
das neue Deutschland gestellt hat, kommt dem Bau
von Siedlungen außerordentliche Bedeutung zu. Sie
sollen die Mietskasernen mit ihrem Elend und der
ungesunden Zusammenballung werktätiger Menschen
ersetzen. Man hofft dadurch vielen Familien, die eine
kapitalistische und liberalistische Welt entwurzelt
hat, wieder eine Heimat und eine bessere Lebens-
grundlage zu geben. Beim Siedler als dem Träger zu-
künftigen Volkstums wieder das Verständnis für
zweckmäßige, schöne Möbel und Geräte zu wecken,
ist eine der schwierigsten Aufgaben, um die man sich
in den letzten Jahren in Deutschland bemüht.

»ANRICHTE AUS DEM NEBENSTEHENDEN ESSZIMMER« CUBA-MAHAGON1 MIT BUCHSBAUM-EINLAGEN UND MATT-
S1LBERBESCHLAGEN. SESSEL MIT RUSSISCHGRÜNEM SAFFIANLEDER BEZOGEN. - AUFNAHME: LAZ1-STUTTGART
 
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