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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Deutsche Wohnkultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0208

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198

INNEN-DEKORATION

Tatsache kennzeichnet besonders eindringlich die
Reife einer Wohnkultur. Selbstverständlich konnten
nur sinnvolle und ihrem Zweck entsprechende Möbel-
und Geräteformen mit einem Raumbild in einer der-
artigen Weise verschmelzen. Bis ins 19. Jahrhundert
hinein waren diese Formen klar in ihrem Aufbau und
von Spannung erfüllt und in ihrem Ausdruck spre-
chend, ganz gleich welcher Epoche sie angehörten.

Diese Tradition, die einige Jahrzehnte lang verges-
sen war, lebt heute in neuen Formen und in neuarti-
gen Zusammenhängen wieder auf. Wir haben wieder
ein Gefühl für das Leben der Dinge, die uns umgeben.
Alle die Bestrebungen, die auf eine Erneuerung unse-
res Wohn- und Einrichtungsstils abzielten, nähern
sich heute der Verwirklichung in großem Ausmaß.
Es hat sich bereits ein neuer Wohnstil herausgebildet
und in einer größeren Allgemeinheit durchgesetzt.

In vielen Zügen wird die alte Tradition würdig fort-
gesetzt. Der Geschmack und die Wertmaßstäbe haben
indessen früheren Zeiten gegenüber eine Wandlung
erfahren. Die Echtheit und der besondere Reiz des
Materials, die Zweckmäßigkeit und einleuchtende
Schlichtheit der Konstruktion machen für uns heute
viel eindeutiger und ausschließlicher als in der Ver-
gangenheit den Wert eines Gegenstandes aus. Der

Überschuß an Bildnerfreude ergeht sich jetzt nicht
mehr in Ornamenten oder schmückenden Zutaten, die
die Form überspielen; sie lebt in der Gesamtform,
die heute weniger untergliedert und rascher zu über-
sehen ist als je. Die Gesamtform selbst, zumindest der
geschlossene Umriß des Ganzen, so könnte man es
beinahe formulieren, nimmt heute die Stelle ein, die
früher dem Ornament zukam. Die klare Folgerung
aus dieser Tatsache ist, daß in der Gegenwart die Mö-
bel und Geräte fast noch mehr als einst darnach ver-
langen, in unmittelbaren Zusammenhängen gesehen
zu werden. Sie wollen — genau so wie einst die Orna-
mente - nicht in sich beschlossen bleiben, ihr Linien-
fluß ist darauf angelegt, von ihrer Umgebung aufge-
nommen und weitergeführt zu werden. Nicht der ein-
zelne Sessel etwa steht im Vordergrund der Gestal-
tung, sondern die Sitzgruppe, nicht die Vitrine, son-
dern die Aufteilung der Wand, an der jene neben Bil-
dern, Leuchtern, Stühlen ihren Platz hat. Es liegt im
Sinne dieser Entwicklung, wenn die gesamte Raum-
gestaltung schließlich mit Entschiedenheit einer be-
stimmten Dominante untergeordnet wird, wenn sie auf
ein beherrschendes Gemälde oder ein bedeutenderes
Möbel, auf eine bevorzugte Eckausbildung oder auf
einen Durchblick in andere Räume ausgerichtet wird.
 
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