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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Büroeinrichtung einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0247

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INNEN-DEKORATION

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»SCHREIBTISCH« SLAWONISCHE EICHE MIT KRISTALLPLATTEN. - ENTWURF: ARCHITEKT CARLO DE CARL1

und Schreibräume hervorgebracht hat. Sie hat ihre
Quelle in dem modernen Wissen, daß Unbequemlich-
keit infolge von Raumenge, verkrampftem Sitzen,
ungenügender Arbeitsfläche usw. nicht nur das Ge-
müt des arbeitenden Menschen belastet, sondern auch
seine Kraft in der Bemeisterung leerer Widerstände
nutzlos verbraucht. Die ungeheure Steigerung aller
Tempi im modernen Leben hat auf jeden Einzelmen-
schen eine solche Arbeitsmenge gehäuft, daß wir es
als unzweckmäßig erkannt haben, die ihm gegebene
Energie durch tote Hemmungen einem negativen
Verzehr auszusetzen.

Wenn wir hier das besondere Tempo der heutigen
Zeit als Grund der auf den Einzelnen gehäuften Ar-
beitsvermehrung bezeichnet haben, so schließt das
Wort »Tempo« alles in sich, was überhaupt zur heuti-
gen Verkehrs- und Mitteilungstechnik gehört. Um
nur von dem bißchen Fernsprecher zu reden: er
wirkt sich gerade an denjenigen Stellen, wo im Amt
oder Betrieb die leitenden Persönlichkeiten sitzen,
in der Weise aus, daß er die Zahl der von ihnen täg-
lich zu treffenden Entscheidungen vervielfacht hat.

Die rationelle, die bequemere Büroeinrichtung ist

unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für die
objektiv gestiegene Beanspruchung des heutigen
Schreibtischmenschen zu betrachten. Da ihn die
nicht zu teilende Arbeitspflicht härter anfaßt, muß er
haushälterischer als früher mit seiner lebendigen
Kraft umgehen. Spricht es nicht Bände, daß trotz
aller Erleichterung von Seiten des Apparats die Fälle
von Überarbeitung heute zahlreicher sind als in den
Zeiten, wo für jede Kopie eines Geschäftsbriefes die
Kopierpresse betätigt werden mußte oder ein Waren-
ballen zwischen Hannover und Berlin 28 Erhebungs-
stellen von Zöllen und Akzisen, Brücken- und Wege-
geldern zu passieren hatte? Wir sind vom extensiven
zum intensiven Verkehr übergegangen, alles Ding-
liche bewegt sich rascher und leichter, das Wort
überwindet mit Gedankenschnelle den Raum, und
das Flugzeug stellt selbst den berühmten Wunsch-
mantel des zauberkundigen Doktor Faustus in den
Schatten (denn der brauchte von Frankfurt bis
Würzburg immerhin noch 4 Stunden). Die Nerven des
Schreibtischmenschen aber haben diese Intensität zu
bezahlen, und mit Recht wendet sich ihm die hilf-
reiche Sorge der modernen Einrichtungstechnik zu.
 
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