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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Strenger, Hermann: Rückschau auf eine Stilwende
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0052

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INNEN-DE KORATI ON

RÜCKSCHAU AUF EINE STILWENDE

Rückblicke sind auch für den sinnvoll, der, mitten
im Heute stehend, bewußt um Zukunftsträch-
tiges bemüht ist, und selbst die Rückschau auf eine
fragwürdige, von belächelnswerten Dingen und pein-
lichen Formen weithin erfüllte Zeit vermag geistige
Genüsse, erhellende Einsichten und wertvolle Früchte
zu bringen. Selbst der Blick auf die letzte Jahrhun-
dertwende, auf den »Jugendstil«!

Von der jüngeren Generation, die jene Tage nicht
mehr oder nicht mehr bewußt gesehen hat, steigt hier
wohl nichts als Erschreckliches auf: grotesk grin-
sende Überbleibsel in elterlichen Wohnräumen, selt-
sam geschlungene Linien und sonderbar gepreßte
Formen auf Umbausofas, Frauenhaare, Seerosen,
Schwanenhälse auf Aschenbechern, Schlingpflanzen-
ornamentik, darin der Blick mit einem Lächeln oder
Frösteln hängen bleibt. Aber diese Bilder waren die
Zerrbilder der Zeit, waren die Verflachungen und
Übersteigerungen, die industrielle Geschäftigkeit, eil-
fertiger, um Verbilligung allzusehr bemühter Erwerb-
sinn und der unausrottbare, alle Stile begleitende,

mißverstehende Ungeist der Mitläufer verschuldet
hatten. Viele von denen, die jene merkwürdige Epoche
miterlebt haben, ahnten dies, und einige wußtenschon
immer, was die unhaltbaren Auswüchse des Stiles
waren und wo das Wesentliche und Werthaltige
jener erstaunlichen »Moderne« lag.

Aber noch nie ist es in einer so umfassenden und
tiefgründigen Art wie von dem Hamburger Maler
Friedrich Ahlers-Hestermann gesagt worden.
Sein Buch »Stilwende« - im Verlag Gebr. Mann er-
schienen, mit achtzig ebenso aufschlußreichen wie
reizvollen Bildern geschmückt, mit einem geschmack-
voll stilgemäßen Einband versehen - ist mehr als die
Ehrenrettung, die sich ein Liebhaber mit wohlwollend
heiterer Geste erlaubt: die leichte und lebendige,
geistvoll überlegene Art seiner Sprache bringt eine
Fülle wohlfundierter Werturteile und die von hell-
sichtigem Kunstverstand herangeführte Gedanken-
fracht ist so gewichtig, daß jener »Aufbruch der Ju-
gend um 1900«, den schon der Untertitel ankündigt,
in seiner ganzen Bedeutung klar bewußt wird.
 
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