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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Küchenkünste
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0089

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INNEN-DEKORATI 0N

81

in meinem Leben nicht wieder! Bin ich doch beinahe
erstickt von dem Duft Ihrer groben Schüsseln!
Welcher Mensch setzt einem denn noch Schinken
und Kalbsbraten vor ? Ich glaube gar, Sie kennen bei
Ihnen den Hunger wie der geringste Tagelöhner.
Gottlob! ich habe in zehn Jahren nicht gewußt, was
Hunger ist, und setze mich nicht zu Tische, um zu
essen, sondern bloß, um die unnütze Zeit zwischen
dem Nachttische bis zur Cour zu vertreiben... Unsre
Tafeln geben den schönsten Gärten in der Pracht des
Anblicks nichts nach, und auf den Anblick kommt
doch alles an, weil man bei einer hohen Tafel mehr
für ein göttliches Auge als für einen gemeinen nieder-
trächtigen Magen sorgt. Jeder Tag, ja selbst jeder
Gang hat seine eigne Farbe. Zur maigrünen Suppe
sind die Nebengerichte ganz anders als zum himmel-
blauen Hecht schattiert, und ich wollte keinem Koch

raten, eine Brühe couleur de procureur general zu
einer grünen, mit Silber inkrustierten Pastete zu
geben.« Und dann rühmt die Hofdame den Kaiser
Elagabal, der sich durch die Erfindung von Fischen
aus Schweinefleisch und von Schinken aus Käse einen
unsterblichen Namen gemacht habe und der dennoch
zurückstehen müsse gegen die Küchenmeister der
Neuzeit, deren Genialität die Tafel mit dem Feinsten
vom Feinen zu besetzen gelernt habe, nämlich mit
Gerichten aus Porzellan und Email.

Die schöne Lehre der Kulturgeschichte ist die, daß
eine gütige Macht über den Sterblichen waltet, die
sie wieder und wieder aus der Verlorenheit an die Un-
natur zurückführt. Nicht geradlinig und heillos geht
der Weg ins Verkehrte weiter. Am Endpunkt zahl-
loser Abirrungen sehen wir heute die Liebe zum
Unverkünstelten reiner in Kraft als je vordem, r.

Aus gestellt:
VII. Triennale
in Mailand
Fot.Crim ella

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