Jahrbücher für Kunstwissenschaft (6.1873)

Der alte Nassau-Oranische Bilderschatz und sein
späterer Verbleib.
Von
C. Rost.
Der Ausdruck „Verbleib“ verspricht eigentlich mehr, als die nach-
folgende Arbeit zu erfüllen im Stande ist. Er lässt ein Verzeichniss
derjenigen Sammlungen erwarten, denen die Bilder jener genannten
Sammlung einverleibt wurden, und einen Hinweis auf die einzelnen be-
züglichen Nummern desselben. — Dem kann freilich nur in geringem
Maasse genügt werden.
Wohl zwei Dritttheile jenes Schatzes sind in die Sammlungen in und
bei Dessau übergegangen, sind Eigenthum dreier verschiedener Besitzer
geworden, werden an fünf, auf einer Länge von fast 3 Meilen Ausdeh-
nung, zerstreueten Orten aufbewahrt — und noch von keiner einzigen
dieser Sammlungen ist bis jetzt ein Katalog erschienen, auf den Bezug
genommen werden könnte, um die betreffenden Objecte dem Forscher
und Freunde alter Kunst leicht findbar zu machen.
In Hinsicht auf diesen beklagenswerthen Mangel kann die Ver-
öffentlichung des Nachfolgenden allerdings als verfrühet angesehen werden;
doch hat dieser Vorwurf auch Anspruch auf Milderung, wenn daneben
Alter und Gesundheit des Verfassers in Anrechnung gebracht werden,
die voraussichtlich keine so ferne Zukunft mehr haben, wie sie die amt-
liche Veröffentlichung der Kataloge jener Sammlungen in Anspruch
nehmen dürfte.
Um nun die gewonnenen Resultate nicht verloren gehen zu lassen, sie
auch möglicherweise für die Herstellung von Katalogen, die den gegen-
wärtigen Ansprüchen der Kunstwissenschaft genügen, nutzbar zu machen
(wenigstens die Gelegenheit dazu zu bieten!) schien die Veröffentlichung
dieser Arbeit schon jetzt rathsam, und dieser Umstand wird hoffentlich
jenen Einwurf der Verfrühung in seinem tadelnden Inhalte abschwächen
•— um so mehr, als der erste Anstoss zu der ganzen Arbeit mit der Er-
kenntniss von der Nothwendigkeit der Herstellung und Veröffentlichung
der Kataloge im engsten ■ Zusammenhänge steht.