Zwei Bilder von Jan van Goyen und A. van Ostade in Braunschweig. 1 §9
im Jahre 1591 könnte ein derartiges Bild, das die Entwicklung der ersten
dreissig Jahre des 17. Jahrh. in der holländischen Kunst voraussetzt,
nicht entstanden sein. Dagegen entspricht das mit einem ähnlichen Mono-
gramme bezeichnete Berliner Bild, No. 706, das wol mit Fug dem Cor-
nelis beigelegt wird, in seiner Behandlung und grau-grünlichen Färbung
jener Epoche. Meiner Ansicht ist jene Braunschweiger Landschaft unver-
kennbar aus der Palette des Jan van Goyen hervorgegangen; nament-
lich haben u'. A. No. 66 der Wiener Ausstellung älterer Gemälde aus
Privatbesitz, und ganz besonders das Bild der Dresdener Galerie, No. 1130,
welches das Monogramm Goyen’s und die Jahreszahl 1633 trägt, sowol
in der Behandlung der Landschaft, als der der Figuren, die vollkommenste
V erwandtschaft.
Das andere Bild ist No. 571, eine Gesellschaft von drei Bauern, die
sich mit Trinken belustigen. Es gilt als ,, Adria en Brauwer“, trägt
jedoch die Kennzeichen A. van Ostade’s. Freilich nicht so, wie der
Künstler gewöhnlich in der Phantasie der Kunstfreunde schwebt; das
Bild gehört eben zu jenen der frühem Manier, die Manche nicht aner-
kennen wollten, wogegen aber W. Bode mit Recht seine Stimme er-
hoben hat. Jene frühem Bilder aus den 30er Jahren charakterisiren sich
durch einen hellem, in’s Bläulichgraue fallenden Ton, durch schwächere
Zeichnung, durch stärkere Neigung zur Karrikatur und durch eine grössere
Härte der Farbenzusammenstellung; kurz, es ist in ihnen im Vergleich
zu seinen spätem Werken noch eine gewisse Rohheit bemerkbar. Auch
die rothen Strichelchen in dem en face - Gesicht des uns zugewendeten
Bauers sind charakteristisch für die frühere Zeit. Doch glaube ich nicht,
dass unser Bild den allerfrühesten Arbeiten Ostade’s angehört, es bildet
vielmehr einen Uebergang zu seiner Manier in den vierziger Jahren, die
man die goldige nennen dürfte und die auf der Wiener Ausstellung in
drei vortrefflichen Werken vertreten war. Das Bild zeichnet sich durch
eine stilvolle Komposition und durch eine gewisse grossartige Auffassung
der Trinkenden aus, namentlich ist der Stehende zur rechten Seite ein
Meisterwerk. Ich finde es übrigens verzeihlich, dass man das Werk dem
Brouwer zugeschrieben; der Einfluss desselben auf Ostade ist allerdings
in diesem Werke, wie überhaupt in der frühem Epoche, unverkennbar,
ein Einfluss freilich, der sich nicht als direkte Schule geltend macht.
München, Mitte Oktober 1873
Wilhelm Schmidt.
im Jahre 1591 könnte ein derartiges Bild, das die Entwicklung der ersten
dreissig Jahre des 17. Jahrh. in der holländischen Kunst voraussetzt,
nicht entstanden sein. Dagegen entspricht das mit einem ähnlichen Mono-
gramme bezeichnete Berliner Bild, No. 706, das wol mit Fug dem Cor-
nelis beigelegt wird, in seiner Behandlung und grau-grünlichen Färbung
jener Epoche. Meiner Ansicht ist jene Braunschweiger Landschaft unver-
kennbar aus der Palette des Jan van Goyen hervorgegangen; nament-
lich haben u'. A. No. 66 der Wiener Ausstellung älterer Gemälde aus
Privatbesitz, und ganz besonders das Bild der Dresdener Galerie, No. 1130,
welches das Monogramm Goyen’s und die Jahreszahl 1633 trägt, sowol
in der Behandlung der Landschaft, als der der Figuren, die vollkommenste
V erwandtschaft.
Das andere Bild ist No. 571, eine Gesellschaft von drei Bauern, die
sich mit Trinken belustigen. Es gilt als ,, Adria en Brauwer“, trägt
jedoch die Kennzeichen A. van Ostade’s. Freilich nicht so, wie der
Künstler gewöhnlich in der Phantasie der Kunstfreunde schwebt; das
Bild gehört eben zu jenen der frühem Manier, die Manche nicht aner-
kennen wollten, wogegen aber W. Bode mit Recht seine Stimme er-
hoben hat. Jene frühem Bilder aus den 30er Jahren charakterisiren sich
durch einen hellem, in’s Bläulichgraue fallenden Ton, durch schwächere
Zeichnung, durch stärkere Neigung zur Karrikatur und durch eine grössere
Härte der Farbenzusammenstellung; kurz, es ist in ihnen im Vergleich
zu seinen spätem Werken noch eine gewisse Rohheit bemerkbar. Auch
die rothen Strichelchen in dem en face - Gesicht des uns zugewendeten
Bauers sind charakteristisch für die frühere Zeit. Doch glaube ich nicht,
dass unser Bild den allerfrühesten Arbeiten Ostade’s angehört, es bildet
vielmehr einen Uebergang zu seiner Manier in den vierziger Jahren, die
man die goldige nennen dürfte und die auf der Wiener Ausstellung in
drei vortrefflichen Werken vertreten war. Das Bild zeichnet sich durch
eine stilvolle Komposition und durch eine gewisse grossartige Auffassung
der Trinkenden aus, namentlich ist der Stehende zur rechten Seite ein
Meisterwerk. Ich finde es übrigens verzeihlich, dass man das Werk dem
Brouwer zugeschrieben; der Einfluss desselben auf Ostade ist allerdings
in diesem Werke, wie überhaupt in der frühem Epoche, unverkennbar,
ein Einfluss freilich, der sich nicht als direkte Schule geltend macht.
München, Mitte Oktober 1873
Wilhelm Schmidt.