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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 6.1873

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Hagen, A.: Herzog Albrecht I. von Preussen als Beschützer der beiden Cranach
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https://doi.org/10.11588/diglit.51376#0134
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Herzog Albrecht I. als Beschützer der Cranach.

Das Mariahilfbild erhielt sich in Preussen noch 1700 in Ansehn, in
welchem Jahr das Jesuiten-Collegium in Braunsberg eine Thesis mit dem
Madonnenbilde der „Maria auxiliatrix Passaviensis miraculis clara“ in
einem nicht schlechten Kupferstich vertheilen liess.
Die zweite Composition ist vielleicht zunächst durch eine Thesis
Luther’s veranlasst, welche lautet: Lex dicit: fac et nunquam fit. Gratia
dicit: crede et jam facta sunt omnia. Es handelt sich um den Gegensatz
von Gesetz und Gnade. Der Bekenner des Gesetzes verfällt der Hölle,
der Bekenner der christlichen Liebe kann durch die Verheissung und die
Erlösung (Promissio und Eedemptio) den Himmel erwerben, sobald ihm
durch die Rechtfertigung (Justificatio) Gnade zu Theil und durch Christi
Blut die Erinnerung an den Sündenfall getilgt wird.
Die Vorstellung vom Fegefeuer liessen die Reformatoren als nicht
biblisch fallen, indess konnte nach ihrer Ansicht die Seele, wenn auch
fern vom jüdischen Gesetz sie sich der christlichen Liebe zugewendet
hatte, nicht unmittelbar auf die himmlische Seligkeit rechnen. Sie musste
vor dem Tode des Geschenks der Rechtfertigung froh geworden sein.
Die bildliche Darstellung, auf die sich Cranach muthmasslich viel zu gut
that und die vierundzwanzig Jahre hindurch bis zu seinem Tode seine
Erfindungsgabe beschäftigte — wir finden sie auf Altarblättern in Prag,
in Gotha, in Schneeberg, in Weimar, bruchstückweise in München, Nürn-
berg, Leipzig — wird bisweilen durch beigeschriebene Namen oder durch
Bibelsprüche verdeutlicht.
Gewöhnlich wird die Vorstellung mit Figuren im Vor- und Hinter-
gründe durch einen Baum halbirt, der auf der einen Seite dürre Aeste
zeigt, auf der andern dagegen grünes Laub. Links erblicken wir nämlich
das Gesetz oder das Testament vom Berge Sinai, d. i. Fluch und was
damit zusammen hängt, Knechtschaft, Fleisch und Tod, rechts die Gnade
oder das Testament von Jerusalem, d. i. Evangelium und zugleich Frei-
heit, Geist und Leben. Mit Beziehung auf die bereits erwähnte Epistel
an die Galater haben wir uns bei den beiden nackten Männern links und
rechts an die beiden Söhne Abraham’s zu erinnern, von denen der eine
von der Magd geboren war vom Fleisch, der andere von der Freien
durch die Verheissung. Unter den Figuren werden einige, wie Moses
und Jesus mehrmals wahrgenommen. Hier werden Tod und Teufel
überwunden, dort gewinnen Tod und Teufel die Oberhand. Auf der
einen Seite empfängt Moses die Gesetztafeln, darauf im Verein mit Pro-
pheten zeigt er sie einem nackten Mann und dieser, indem er dem
Gesetz folgen will, sieht sich, verzweiflungsvoll die Arme ausstreckend,
 
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