Dagobert Frey Der Dom in Pola
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Zur Erklärung der Zickzacklinie sind zwei Beispiele von der Marienkirche auf Brioni heranzu-
ziehen. Das eine Ornament befindet sich auf Balkenfragmenten, die im Ruinenfeld von
Yal Madonna gefunden wurden, und zeigt aneinander gereihte Halbkreise mit seitlichen Ein-
rollungen, in die nach aufwärts gerichtete Dreiecke eingestellt sind (Fig. 18). Sowohl dieses
Ornament als auch das Ziclczackmuster im Dom scheinen mir primitive Umbildungen des gleichen
antiken Motivs, nämlich des Eierstabes, zu sein. An orientalischen Denkmälern des späten
Altertums, als Verfallserscheinung aber wahrscheinlich nicht lokal beschränkt, finden wir
des öfteren den gestürzten Eierstab. Betrachten wir einen spätrömischen Eierstab mit den
auf kräftige Schattenwirkung gearbeiteten starken Unterschneidungen, eine Behandlung, bei
der die Stege der weitgeöffneten äußern Schale als fortlaufendes Linienornament und das
Fig. 15 Fragment der Arkade eines Ziborienaltars im Museum zu Pola
kleine Ei nur als Lichtpointe wirkt, so können wir leicht verstehen, daß in einer primitiven
Nachbildung daraus aneinander gereihte Halbkreise werden, in die Dreiecke als Nachahmung
der Eier eingestellt werden. Ging man anderseits von der zu einer Pfeilform umgebildeten
Zwickelfüllung aus, so ergaben die Schalen mit den Pfeilen leicht eine fortlaufende Zickzack-
linie, bei der als Rudiment das Ei als Halbkreisscheibe zurückblieb. Betrachten wir die
von den Zickzacklinien gegen die Eiform eingeschnittenen schrägen Flächen, so erkennen
wir deutlich die Reminiszenz der plastischen Gestaltung des Vorbildes. Das zweite Bei-
spiel von Brioni zeigt in augenfälliger Weise die weiter gehende Reduktion des Kämpfer-
ornaments im Dom. In offenkundiger Nachahmung finden wir am Kämpfergesimse des
Triumphbogens, somit an gleicher Stelle, eine roh gezeichnete dreisträhnige Zickzacklinie,
in der man allerdings nicht mehr die geringste Spur der ursprünglichen Provenienz er-
kennen kann (Fig. 19).
Jahrbuch des kunsthist. Instituts der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1914 o
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Zur Erklärung der Zickzacklinie sind zwei Beispiele von der Marienkirche auf Brioni heranzu-
ziehen. Das eine Ornament befindet sich auf Balkenfragmenten, die im Ruinenfeld von
Yal Madonna gefunden wurden, und zeigt aneinander gereihte Halbkreise mit seitlichen Ein-
rollungen, in die nach aufwärts gerichtete Dreiecke eingestellt sind (Fig. 18). Sowohl dieses
Ornament als auch das Ziclczackmuster im Dom scheinen mir primitive Umbildungen des gleichen
antiken Motivs, nämlich des Eierstabes, zu sein. An orientalischen Denkmälern des späten
Altertums, als Verfallserscheinung aber wahrscheinlich nicht lokal beschränkt, finden wir
des öfteren den gestürzten Eierstab. Betrachten wir einen spätrömischen Eierstab mit den
auf kräftige Schattenwirkung gearbeiteten starken Unterschneidungen, eine Behandlung, bei
der die Stege der weitgeöffneten äußern Schale als fortlaufendes Linienornament und das
Fig. 15 Fragment der Arkade eines Ziborienaltars im Museum zu Pola
kleine Ei nur als Lichtpointe wirkt, so können wir leicht verstehen, daß in einer primitiven
Nachbildung daraus aneinander gereihte Halbkreise werden, in die Dreiecke als Nachahmung
der Eier eingestellt werden. Ging man anderseits von der zu einer Pfeilform umgebildeten
Zwickelfüllung aus, so ergaben die Schalen mit den Pfeilen leicht eine fortlaufende Zickzack-
linie, bei der als Rudiment das Ei als Halbkreisscheibe zurückblieb. Betrachten wir die
von den Zickzacklinien gegen die Eiform eingeschnittenen schrägen Flächen, so erkennen
wir deutlich die Reminiszenz der plastischen Gestaltung des Vorbildes. Das zweite Bei-
spiel von Brioni zeigt in augenfälliger Weise die weiter gehende Reduktion des Kämpfer-
ornaments im Dom. In offenkundiger Nachahmung finden wir am Kämpfergesimse des
Triumphbogens, somit an gleicher Stelle, eine roh gezeichnete dreisträhnige Zickzacklinie,
in der man allerdings nicht mehr die geringste Spur der ursprünglichen Provenienz er-
kennen kann (Fig. 19).
Jahrbuch des kunsthist. Instituts der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1914 o