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H. Folnestcs Studien zur Entwicklungsgeschicbte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien 31

denn Eitelberg’er6) spricht von einer Inschrift an der innern Wand des ersten Stockwerks,
folgenden Inhalts:

,,Magister Mateus et Stefanus anno 1422 April 27.“

Trotz aufmerksamen Suchens konnte ich diese Inschrift nicht finden. Allerdings sind in
jüngster Zeit die Glocken tiefer gehängt und dabei einige skulpierte Konsolen abgeschlagen
worden, so daß es sehr wahrscheinlich ist,
daß dabei die Inschrift verloren gegangen
ist. Eitelberger7), Jackson8 9), Ivekovic0) haben
die Inschrift noch gesehen10).

Einen auffallenden Gegensatz zu diesem
ersten aus zwei verschiedenen Bauperioden
stammenden Turmgeschoß bildet das zweite
Stockwerk. Es ist völlig einheitlich kom-
poniert, aber als Einheit für sich, ohne
Zusammenhang mit dem übrigen Bau. Es
erscheint weitaus zierlicher, reicher und
mehr aufstrebend, mit einem Worte: es
entpricht der reinen venezianischen Gotik.

Alles Massige des Untergeschosses ist ge-
wichen. Mauerflächen fehlen völlig, die
Eckpfeiler und Mittellisenen sind in Bündel
von achtseitigen und runden Säulchen auf-
gelöst. Die Fensteröffnungen sind bei
gleicher Breite mehr als doppelt so hoch
und endigen oben an Stelle des Spitz-
bogens in einen horizontalen Fenstersturz.

Diese beiden langen Fensterschlitze werden
im oberen Drittel durch ein gitterartiges
Maßwerk ausgefüllt, das an orientalische
Motive erinnert und nach unten in zwei
Spitzbogen mit einem achteckigen Tren-
nungssäulchen endet. Analog dem unteren
Geschosse wird auch dieses oben durch
einen Blendbogenfries bekrönt, der aber
wesentlich reicher ausgebildet ist. Beson-
ders bemerkenswert ist auch die Lostren-

nung der Ecksäulchen von dem Mauerkörper in ihrer oberen Hälfte. Die Ungleichheit der
Seitenlängen nach der Breite und Tiefe, die der Grundriß dieses Turmes aufweist und die

Fig. 25 Detail vom Fenster im zweiten Geschoß des Dom-
kampanile zu Traü

6) 7) Die mittelalterlichen Kunstdenkmale Dalmatiens.

S. 235.

8) Dalmatia Istria and the Quarnero — II S. 138; hier
und im folgenden ist immer die erste Ausgabe von Oxford
1887 zitiert, die verschlechterte, einbändige Neuausgabe
blieb unberücksichtigt.

9) Dalmatiens Arcliitektur und Plastik S. 25.

10) Ivekovic, op. cit. S. 21, findet zwischen dem be-
sprochenen Turmgeschoß und dem Gemeindehaus eine so

große Ähnlichkeit, daß er auch dieses dem Meister Goyco-
vich zuschreiben möclite, desscn Porträt er in einem skul-
pierten Kopf an einer Konsole daselbst zu finden glaubt.
Nun ist der Palast aber häufig umgebaut und in jüngster
Zeit gänzlich restauriert worden, so daß ein Stilvergleich.
kaum möglich erscheint und das wenige Erhaltene zeigt die
gewöhnlichen venezianisclien Formen etwas provinziell, so
daß eine individuelle Bestimmung ganz ausgeschlossen er-
scheint.
 
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