34 H. Fot.nesics Studien zur Entwicklungsgesehichte der Architektur und Plastik des XV. Jlis. in Dalmatien
II.
Die venezianische Frühgotik
A. Ihre Vorbedingung und ihr Entstehen in Venedig
Bekanntlich steht die Entwicklung- der venezianischen Kunst mit der des übrigen
Abendlandes in ziemlich losem Zusammenhang. Die Barbarei der Völkerwanderung hatte
sich wie eine Lawine verheerend über Europa ergossen, die antike Kultur und Kunst
schien vernichtet. Kaum aber waren die neuen Völker auf dem alten Kulturboden seßhaft
geworden, so zeigte es sich, daß die antike Kultur keineswegs so gänzlich vertilgt war,
als es zuerst den Anschein hatte, überall waren antike Residuen zurückgeblieben und die
Fjg. 27 Inneres von S. Maria dell’Orto zu Venedig
kaum erstickte Flamme antiken Geistes züngelte allerorten aus der Asche auf. In den
Urkunden der Langobarden finden wir römische Formeln, in Sta. Maria antiqua in Rom
sind Fresken zutage getreten, die den klassisch antiken überaus nahestehen, und als die
neuen Völker reif genug waren, um ein Kaiserreich gleich dem der Römer zu gründen,
ward dieses Aufflammen antiken Geistes so stark, daß man geradezu von einer karolin-
gischen Renaissance sprechen konnte.
So suchte man Stufe für Stufe das Verlorene wieder zu erreichen.
Von all diesem Ringen kannte Venedig nichts, denn es war aufs engste mit einem
Kulturzentrum verbunden, in dem das antike Erbe nie verloren gegangen war, mit Byzanz.
Venedig blieb auf dem Kulturniveau einer oströmischen Provinz, es brauchte nicht an
dem Ringen des übrigen Abendlandes teilzunehmen, es konnte die konstruktiven Lösungen
für seinen Markusdom als etwas Fertiges herübernehmen zu einer Zeit, wo ganz Europa
hinsichtlich der Wölbung und Verstrebung noch vor ungelösten Problemen stand.
II.
Die venezianische Frühgotik
A. Ihre Vorbedingung und ihr Entstehen in Venedig
Bekanntlich steht die Entwicklung- der venezianischen Kunst mit der des übrigen
Abendlandes in ziemlich losem Zusammenhang. Die Barbarei der Völkerwanderung hatte
sich wie eine Lawine verheerend über Europa ergossen, die antike Kultur und Kunst
schien vernichtet. Kaum aber waren die neuen Völker auf dem alten Kulturboden seßhaft
geworden, so zeigte es sich, daß die antike Kultur keineswegs so gänzlich vertilgt war,
als es zuerst den Anschein hatte, überall waren antike Residuen zurückgeblieben und die
Fjg. 27 Inneres von S. Maria dell’Orto zu Venedig
kaum erstickte Flamme antiken Geistes züngelte allerorten aus der Asche auf. In den
Urkunden der Langobarden finden wir römische Formeln, in Sta. Maria antiqua in Rom
sind Fresken zutage getreten, die den klassisch antiken überaus nahestehen, und als die
neuen Völker reif genug waren, um ein Kaiserreich gleich dem der Römer zu gründen,
ward dieses Aufflammen antiken Geistes so stark, daß man geradezu von einer karolin-
gischen Renaissance sprechen konnte.
So suchte man Stufe für Stufe das Verlorene wieder zu erreichen.
Von all diesem Ringen kannte Venedig nichts, denn es war aufs engste mit einem
Kulturzentrum verbunden, in dem das antike Erbe nie verloren gegangen war, mit Byzanz.
Venedig blieb auf dem Kulturniveau einer oströmischen Provinz, es brauchte nicht an
dem Ringen des übrigen Abendlandes teilzunehmen, es konnte die konstruktiven Lösungen
für seinen Markusdom als etwas Fertiges herübernehmen zu einer Zeit, wo ganz Europa
hinsichtlich der Wölbung und Verstrebung noch vor ungelösten Problemen stand.